Milan Fashion Week Tierschützer-Proteste und Musik von Rammstein: Harte Töne aus Mailand

Eine Demonstrantin läuft über den Laufsteg der Fendi-Modenschau während der Mailänder Fashion Week
Eine Peta-Aktivistin läuft über den Laufsteg der Fendi-Modenschau während der Mailänder Fashion Week, um gegen Pelz und Leder zu protestieren. Auf ihrem Schild steht "Tiere sind keine Kleidung"
© Max Cisotti; Dave Benett / Getty Images
In Mailand ist Fashion Week und schon der erste Tag begann gleich mit zwei Stör-Aktionen – wenn auch nicht mit modischen 

Pelzmäntel, grelle Fummel, dazu üppiger Goldschmuck: Seit einigen Wochen bestimmt der "Mob-Wife"-Trend die sozialen Medien, jener Look, der an den Italo-Schick von Kriminellengattinnen erinnert und so etwas wie die Antithese zurückhaltender Mode ist. Auch Stars wie Dua Lipa und Kendall Jenner kleiden sich längst so, als ob sie Mafia-Serien wie "Die Sopranos" oder "Griselda" entschlüpft seien. Aussehen wie eine Gangsterbraut – es ist der Look der Stunde. 

Wird Fendi auf diesen Massenhype aufspringen? Eine Frage, die sich viele gleich zu Beginn der Mailänder Schauen stellten. Immerhin ist die italienische Luxusmarke berühmt für ihre Pelze. Eine Winterkollektion ohne Nerz und Perisaner? Undenkbar. Doch Fendi-Kreativchef Kim Jones hatte anderes im Sinn. 

Models auf dem Laufsteg bei Fendi
Achtziger-Looks statt "Mob Wife"-Ästhetik: So sieht die Herbstmode von Fendi aus
© Agence / Bestimage

Luxus-Ladies statt "Mob Wifes"

Statt verrucht gekleideter "Mob Wifes" schickte er Models als bunt gekleidete Luxus-Ladies über den Laufsteg. Sie trugen zwar meist dunkle Outfits, doch Jones setzte mit farbigen Schuhe und Taschen Akzente. Inspiration hatte er nicht etwa beim Serien-Binchen gefunden, sondern in den Archiven von Fendi. Dort entdeckte er Skizzen von 1984, als das Leben in London von verschiedenen Strömungen geprägt war: von den "Blitz Kids" der damaligen Clubszene und den "New Romantics"-Musikern, ebenso von royalen und japanischen Einflüssen. "Es war der Zeitpunkt, an dem britische Subkulturen und Stile global wurden und man Einflüsse von überall absorbierte", sagte Jones über den eklektischen Look seiner Show. 

Zwar tauchten Pelz-Details in seiner Kollektion auf, doch üppige Fellmäntel sah man diesmal nicht. Zwei Aktivistinnen der Tierschutz-Organisation Peta hielt es dennoch nicht davon ab, den Laufsteg zu stürmen. Der Körper der einen war an Brust und Rücken mit den Worten "Wear Your Own Skin" und "Turn Your Back on Animal Skins" bemalt, die andere protestierte mit einem "Animals are not Clothing"-Schild. Tatsächlich gehört Fendi zu einer der letzten Marken, die noch immer auf Pelz setzen. Längst verzichten die meisten auf Echtfell oder setzen zumindest auf Fake Fur. 

Auf der Fashion Week in Mailand: Rückenansicht einer PETA-Aktivistin bei der Show von Fendi
Protest von Peta: Eine Aktivistin stürmt den Laufsteg der Fendi Show. "Kehrt Tierhaut den Rücken zu" steht auf ihrem Kreuz
© Agence / Bestimage / Imago Images

Mailand ohne Tierschützer? Undenkbar!

Zwar hatten die Sicherheitsleute Mühe, die beiden Aktivistinnen vom Laufsteg zu bugsieren, doch die übrigen Zuschauer im Saal tangierte der Störer nicht weiter. Bei vielen zuckte noch nicht einmal die Augenbraue. Ob bei Hermès, Gucci oder Chanel – immer öfter wurden in den letzten Saisons Modenschauen von Aktivisten gekapert, um ihren Protest gegen Pelze und exotische Leder medienwirksam kundzutun. Fast gehören sie mit zum Inventar – auch wenn das natürlich nie einem Vertreter von Peta oder einer Luxusmarke über die Lippen kommen würde. 

Stirnrunzeln trotz gebotoxter Gesichter sah man dafür bei der Show von Roberto Cavalli. Einst galt die Marke als Lieblingslabel des Jetsets, Divenroben mit Leo-Muster prägten ihren Stil. Daran will nun Fausto Puglisi, Cavallis aktueller Designer, wieder anknüpfen. Auch seine Kollektion basierte auf dem typischen Animalprint, allerdings abstrahierte er sie in düsteren Farben und mit marmorisiertem Muster. 

Doch der Applaus für seine Kollektion fiel nur mäßig aus, als zum Ende der Show die Models zu Musik und harten Bässen von Rammstein über den Laufsteg schritten. Puglisi hatte den Song "Führe mich" ausgewählt, Zeilen wie "Wenn ich blute, hast du Schmerzen" raunte aus den Boxen. Die spürten sinnbildlich auch viele Gäste. Nicht nur die deutschsprachigen waren irritiert, der Skandal um die Missbrauchsvorwürfe gegen Frontsänger Till Lindemann hatte auch international Schlagzeilen gemacht. 

Harte Töne von Rammstein

Zwar gibt es in Italien viele Rammstein-Fans, doch auch ohne den Eklat hätten die harten Bässe und gewaltverherrlichenden Texte der Band wohl deplatziert gewirkt. Was Puglisi mit seiner Musikauswahl sagen wollte? Bislang hat er sich dazu noch nicht geäußert. Einige Gäste vermuteten dahinter einen Marketingtrick: Wer zwischen den Shows gehypter Labels wie Fendi, Gucci oder Bottega Veneta auffallen wolle, schlage in Roberto-Cravalli-Manier eben härtere Töne an. Ein erlaubtes Mittel, aber doch: schlechter Stil.

PRODUKTE & TIPPS