H&M eröffnet Flagshipstore auf den Champs-Élysées "Besser ein Klamottenladen als eine Bank"

Von Estelle Marandon, Paris
Ein Kleid für 19,90 Euro? Auf den Pariser Prêt-à-porter-Schauen undenkbar. Ausgerechnet während der Modewoche hat H&M seinen umstrittenen Flagshipstore auf den Champs-Élysées eröffnet. Vorausgegangen war ein zweijähriger Kampf.

Paris, Avenue des Champs-Élysées. Es ist 20.30 Uhr, die meisten Geschäfte sind geschlossen, doch vor dem Gebäude mit der Hausnummer 88-90 versammeln sich immer mehr Menschen um die Absperrungen. Über dem Eingang ist die schlichte, frisch gestrichene Fassade bunt beleuchtet. Riesige Plasmabildschirme strahlen von der ersten Etage herunter auf Touristen, Einkäufer, Passanten - alle warten, um einen Blick auf den schwarzen Teppich zu erhaschen. Dort, vor einer großen H&M-Wand, steht gerade Nathalie Rykiel umringt von Kameras und Journalisten. Später soll noch mehr Pariser Prominenz eintreffen: Lou Doillon, Tochter von Jane Birkin und Elisa Sednaoui, Schauspielerin und neues Gesicht der Marke H&M. Grund für ihr Erscheinen: Passend zur Pariser Fashion Week feiert der schwedische Modekonzern Hennes & Mauritz die Eröffnung seines neuen Flagship-Stores - auf der berühmtesten Einkaufsmeile Frankreichs, den Champs-Élysées.

Die Eröffnung eines H&M-Geschäfts an einem weltbekannten Ort wie diesem ist keineswegs selbstverständlich. Ganze zwei Jahre musste das Label dafür kämpfen. Die Pariser Stadtregierung hatte sich lange gegen die Frankreichs größte H&M-Filiale gewehrt. Schließlich hat die edle Avenue einen Ruf zu verlieren. "Die Champs-Élysées brauchen kein H&M, H&M braucht die Champs-Élysées", meint Lyne Cohen-Solal, stellvertretende Handelsbeauftragte der Stadt Paris. "Die schönste Straße der Welt", wie die Champs-Élysées von den Franzosen gern genannt werden, seien eine Promenade aus Luxus, Kultur und Unterhaltung. "Wir sind nicht gegen H&M speziell", stellt Cohen-Solal klar. Man sei allerdings gegen die stetige "Textilisierung" der Allee und wolle verhindern, dass sie immer weiter banalisiert werde, indem es nur noch Geschäfte gebe, die man auch überall sonst auf der Welt finde. In der Tat bestehen die Champs-Élysées bereits heute überwiegend aus Boutiquen großer Textilketten wie Zara, Adidas und Promod.

Pariser Chic auch bei H&M

"Besser ein Klamottenladen als eine Bank", hält Jean Nouvel dagegen. Die Avenue solle möglichst lebendig und populär bleiben, erzählt der Architekt stern.de beim Eröffnungscocktail. Eine H&M-Boutique sei offen zugänglich, ziehe junge Menschen an und habe insofern ihren berechtigten Platz. Der französische Architekt ist für das Design des neuen H&M-Flaggschiffs verantwortlich. "Es ist keine klassische Boutique", erklärt er. "Es ist eher eine Infrastruktur, ein Empfangsraum, der zum Inneren der Stadt, zum Bürgersteig gehört." Die großen Glasvitrinen und von der Straße gut sichtbaren, riesigen Plasmabildschirme auf der ersten Etage sollen Passanten einladen, den Ort zu entdecken und helfen "die Grenze zwischen Außen und Innen zu brechen", sagt Jean Nouvel.

H&M's elfte Pariser Boutique erstreckt sich auf 2800 Quadratmeter, drei Etagen und steht ganz im Zeichen modernen Industriedesigns. Die Inneneinrichtung aus kühlen Steinwänden, schwarzen, beweglichen Metallregalen und großen Scheinwerfern sei von Paris inspiriert, heißt es bei H&M. Das Erd- und Untergeschoss ist den Damen vorbehalten, im Obergeschoss finden die Herren, was das Herz begehrt. Während man über das breite, schwarze Treppenhaus, den Fahrstuhl oder die Rolltreppe von einer Etage in die nächste gelangt, wird man von riesigen, auf und ab fahrenden Bildschirmen begleitet, auf denen Silhouetten der aktuellen Kollektion zu sehen sind. "Wir wollen, dass es DIE Adresse wird für alle, die Mode und Architektur lieben", sagt Ann Sofie Johansson, Stildirektorin der neuen Boutique.

Zuerst durfte die Cocktailgesellschaft shoppen

In der Zwischenzeit ist die Cocktail-Gesellschaft bereits dabei, ihre Einkaufstaschen zu füllen, die am Einlass von den Hostessen verteilt wurden. Die Modebranche durfte am Montagabend vorab testen, wie es sich in den neuen Räumen shoppen lässt. Ab Mittwoch dürfen auch alle anderen Besucher der Champs-Élysées die neue Boutique besuchen. Für Fashionistas und Journalisten stehen noch zwei weitere Tage Prêt-à-porter-Schauen auf dem Programm. Ob sie allerdings ihre H&M-Käufe bei den Shows von Chanel, Valentino oder Hermès zur Schau stellen, wird sich zeigen.

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