"Wir beobachten seit geraumer Zeit eine massive Zunahme bedrohlicher hybrider Aktivitäten durch Russland", sagte der Außenamtssprecher weiter. "Diese reichen von Desinformationskampagnen über Spionage und Cyberattacken bis hin zu Sabotageversuchen." Ziel sei es, "die Gesellschaft zu spalten, Misstrauen zu schüren, Ablehnung hervorzurufen und das Vertrauen in demokratische Institutionen zu schwächen". Russland bedrohe "damit ganz konkret unsere Sicherheit".
Der Cyberangriff auf die Büro-IT der Deutschen Flugsicherung im August 2024 sei klar dem als "Fancy Bear" bekannten Hackerkollektiv APT28 und der Verantwortung des russischen Militärgeheimdiensts GRU zugeordnet worden, sagte der Außenamtssprecher weiter. Damals war die Kommunikation gestört worden, der Flugverkehr blieb davon unberührt.
Zudem lasse sich nun "verbindlich sagen", dass Russland durch das Desinformationsnetzwerk Storm-1516 versucht habe, "sowohl die letzte Bundestagswahl als auch fortlaufend die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland zu beeinflussen und zu destabilisieren", hieß es weiter. Der Sprecher sprach insgesamt von "vollkommen harten Beweisen" zur Urheberschaft.
Bei Storm-1516 gebe es "belastbare Informationen", dass dahinter die Moskauer Denkfabrik Center for Geopolitical Expertise und die russische Doppelkopfadler-Bewegung stehe, hieß es weiter. Sie würden vom russischen Militärgeheimdienst GRU unterstützt. Die Analyse der deutschen Nachrichtendienste habe gezeigt, dass die Kampagne auf verschiedenen Plattformen "künstlich generierte scheininvestigative Recherchen, Deepfake-Bildsequenzen", und erfundene Zeugenaussagen verbreitet habe.
Verfassungsschutzpräsident Sinan Selen erklärte, Storm-1516 zeige "sehr konkret, wie unsere demokratische Ordnung angegriffen wird". Er sprach von einem "Desinformations-Ökosystem" zur Verbreitung von Falschinformationen, das "pro-russische Influencer mit hoher Reichweite, Verschwörungsideologen und rechtsextremistische Milieus" umfasse. Selen betonte, Desinformation sei bei den hybriden Aktionen Russlands "ein zentraler Bestandteil dieses Werkzeugkastens".
Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurden zehn Vorfälle aus den Jahren 2024 und 2025 ausgewertet, um die russische Urheberschaft zu belegen. Dazu gehört etwa ein gefälschtes Video vom Juli 2025, das Kanzler Friedrich Merz (CDU) bei einem Jagdausflug in Kanada zeigen soll, bei dem er Eisbärenbabys getötet haben soll. Im Umfeld der Bundestagswahl im Februar tauchten außerdem mehrere falsche Videos auf, die belegen sollten, dass die AfD entweder nicht auf Stimmzetteln auftauchte oder abgegebene Stimmen für die Partei vernichtet wurden.
Der russischen Botschafter Sergej Netschajew wies den Vorwurf, dass staatliche russische Akteure hinter den Vorfällen steckten, als "absurd" und "ohne Grundlage" zurück, wie die Botschaft auf AFP-Anfrage mitteilte. Netschajew sieht demnach seine Einbestellung durch das deutsche Außenministerium als "weiteren unfreundlichen Schritt", der darauf ziele, "anti-russische Stimmungen in Deutschland zu schüren und die russisch-deutschen Beziehungen zu zerstören".
Die Bundesregierung kündigte ihrerseits ein weiteres Vorgehen gegen russische Vertreter an. Deutschland ergreife nun "in enger Abstimmung mit unseren europäischen Partnern eine Reihe von Gegenmaßnahmen, um Russland einen Preis für sein hybrides Agieren aufzuzeigen", sagte der Außenamtssprecher. Die Bundesregierung unterstütze dabei neue Sanktionen gegen Akteure mit Folgen wie Einreisesperren, dem Einfrieren von Vermögenswerten sowie einem Verbot, wirtschaftliche Ressourcen bereit zu stellen.
Zur Abwehr künftiger Bedrohungen plant Deutschland laut einer Sprecherin des Bundesinnenministeriums außerdem eine neue Plattform für einen "behördenübergreifenden Austausch sowie die Koordinierung von Maßnahmen zur Abwehr hybrider Bedrohung".
In der EU bereits beschlossen ist, dass ab Januar grenzüberschreitende Reisen russischer Diplomaten im europäischen Schengen Raum kontrolliert werden. "Ziel ist es, einen besseren Informationsaustausch zu ermöglichen und nachrichtendienstliche Risiken zu minimieren", sagte der Außenamtssprecher dazu. Geplant seien auch "weitere bilaterale Beschränkungen für russisches diplomatisches Personal". Details nannte der Sprecher nicht.