Hintergrund der Diskussion ist, dass in der EU zur Verringerung klimaschädlicher Emissionen im Verkehrssektor Neuwagen ab 2035 kein CO2 mehr ausstoßen dürfen, womit die Brüsseler Behörde die Weichen klar in Richtung Elektromobilität stellt. Zuletzt hatte es angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Autobauer aber lauter werdende Forderungen nach einer Lockerung oder Verschiebung der Vorgaben gegeben.
Unions-Parlamentsgeschäftsführers Steffen Bilger (CDU) bekräftigte am Mittwoch in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv, dass das Verbrenner-Aus korrigiert werden müsse. "Wir haben nicht nur den deutschen Markt, sondern als Automobilland Deutschland verkaufen wir die Autos in die ganze Welt", sagte er. Nicht überall sei die Ladeinfrastruktur so gut ausgebaut wie in Deutschland.
Jetzt sei eine deutsche Positionierung nötig, damit in Brüssel diese "falsche Gesetzgebung" geändert werden könne, sagte Bilger. Er sehe die Chance auf einen Kompromiss mit der SPD.
Aus den Reihen des Koalitionspartners der Union hatte es zuletzt wiederholt ein deutliches Bekenntnis zum Verbrenner-Aus in der derzeitigen Form gegeben. Finanzminister und SPD-Chef Klingbeil signalisierte am Mittwoch indes Offenheit für mögliche Anpassungen, die er gleichwohl an Bedingungen knüpfte.
"Was bestimmte Modelle betrifft, etwa Plug-in-Hybride und Range Extender, bin ich offen dafür, dass wir diese länger als 2035 laufen lassen", sagte Klingbeil dem Nachrichtenportal t-online. "Aber nur unter der Voraussetzung, dass die Arbeitsplätze gesichert und die Klimaziele eingehalten werden", fügte er hinzu.
Zugleich warnte der Vizekanzler vor einer Aufweichung der nationalen und europäischen Klimaziele: "Daran zu rütteln, würde die falschen Signale senden", sagte er. "Die Zukunft der Autoindustrie ist elektrisch." Daher gelte die Zielmarke von 2035 weiter, aber der Weg könne flexibler sein und mehr Technologieoptionen ermöglichen. "Ich erwarte aber auch, dass die Unternehmen Zusagen für Investitionen und die Sicherung der Standorte in Deutschland machen."
Um Arbeitsplätze in der deutschen Auto- und Stahlindustrie zu sichern, legte Klingbeil einen weiteren Vorschlag vor: "Klimaneutraler Stahl, der in Europa produziert und in Autos verbaut wird, soll auf deren CO2-Bilanz angerechnet werden", sagte er. "Das hat den schönen Nebeneffekt, dass das auch die Stahlindustrie stärkt, die ebenfalls unter Druck steht."
Die Vorsitzende der sogenannten Wirtschaftsweisen, Schnitzer, warnte indes davor, die bisherige Regelung zu kippen. "Die immer neue Diskussion über das Verbrenner-Aus hilft nicht, ganz im Gegenteil", sagte sie der "Rheinischen Post" vom Mittwoch. "Statt ihrer Koordinationsaufgabe gerecht zu werden, riskiert die Politik so den Erfolg der Transformation hin zur Elektromobilität."
Bei der Automesse IAA in München im September "konnte man jüngst sehen, dass unsere Automobilindustrie technisch bereit ist, endlich neue, international konkurrenzfähige Elektro-Modelle auf den Markt zu bringen", fügte Schnitzer hinzu. "Das Angebot ist also da." Die Nachfrage sei jedoch "noch etwas zurückhaltend, weil potenzielle Käuferinnen und Käufer durch das ständige Hin und Her der Politik verunsichert sind." Zu begrüßen sei die geplante Verlängerung bei der Kfz-Steuerbefreiung für Elektroautos.