EU und Indonesien unterzeichnen Handelsabkommen - Industrie hofft auf Rohstoffe

EU-Handelskommissar Sefcovic und Indonesiens Wirtschaftsminister Airlangga
EU-Handelskommissar Sefcovic und Indonesiens Wirtschaftsminister Airlangga
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Die Europäische Union (EU) und Indonesien haben nach fast zehnjährigen Verhandlungen ein Handelsabkommen geschlossen. EU-Handelskommissar Maros Sefcovic und Indonesiens Wirtschaftsminister Airlangga Hartarto unterzeichneten das Abkommen am Dienstag auf der Insel Bali. Die deutsche Industrie hofft im Rahmen des Abkommens auf Rohstoffe aus Indonesien - das Land dürfte aber eine Reihe von Exportbeschränkungen aufrecht erhalten.

Das südostasiatische Land verfügt unter anderem über die weltweit größten Nickel-Reserven und will den Abbau ausweiten. Der Rohstoff wird in Batterien für Elektroautos verbaut. Indonesien hatte den Export rohen Nickels in den vergangenen Jahren aber mit Ausfuhrzöllen und -verboten beschränkt, um den Aufbau einer verarbeitenden Industrie im eigenen Land zu erzwingen.

"Indonesien ist für seine Aufuhrzollpolitik bekannt und wird sie in einem gewissen Ausmaß auch beibehalten", erklärte ein EU-Beamter am Dienstag. Die EU sichere sich im Rahmen des Abkommens aber eine "Vorzugsbehandlung". Eine Reihe von Ausfuhrzöllen werde für europäische Unternehmen halbiert. Staatliche Eingriffe in Rohstoffpreise würden allgemein "beschränkt", teilte die EU-Kommission mit.

Die EU hatte in den vergangenen Jahren bei der Welthandelsorganisation (WTO) Beschwerde gegen ein indonesisches Ausfuhrverbot für Nickel-Erze eingereicht und Recht bekommen, ein Berufungsverfahren zieht sich noch hin. Trotz des nun unterzeichneten Abkommens werde die EU an ihrer Beschwerde festhalten, sagte ein EU-Beamter in Brüssel. Es gebe weiter "Meinungsverschiedenheiten", solange Indonesien an Exportbeschränkungen festhalte.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte dennoch, die Vereinbarung mit Indonesien "bietet eine stabile und vorhersehbare Versorgung mit kritischen Rohstoffen, die für Europas saubere Technologie und Stahlindustrie unerlässlich sind". Das Abkommen soll außerdem europäische Investitionen in den Rohstoffabbau und die Verarbeitung in Indonesien vereinfachen. Diese sind bislang zu großen Teilen in der Hand chinesischer Unternehmen.

Insgesamt soll das Abkommen nach Angaben aus Brüssel 98 Prozent der Zölle auf beiden Seiten abschaffen. Indonesien verzichtet insbesondere auf seine Autozölle, die für europäische Hersteller bislang bei 50 Prozent liegen. Sie sollen in den kommenden fünf Jahren schrittweise auslaufen. Auch Zölle auf Maschinenteile, Chemikalien und Medikamente sollen wegfallen.

"Das heute beschlossene Abkommen schafft die nötigen politischen Rahmenbedingungen, damit die deutsche Automobilindustrie neue Märkte erschließen und ihre Präsenz in der Region weiter ausbauen kann", begrüßte die Chefin des Verbands der deutschen Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, das Abkommen. Außerdem könnten deutsche Autozulieferer profitieren, die bereits einen Standort in Indonesien hätten.

Angesichts zunehmender Handelskonflikte müsse die EU ihre Absatzmärkte auch in Südostasien ausweiten, erklärte auch einer der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Wolfgang Niedermark. Er rief die EU-Kommission dazu auf, auch die Verhandlungen über Freihandelsabkommen mit Thailand, Malaysia und den Philippinen rasch abzuschließen.

In der Landwirtschaft erklärte sich Indonesien den Angaben zufolge bereit, unter anderem Zölle auf Milchprodukte und Fleisch abzuschaffen. Auch die EU hebt die meisten Zölle auf Agrarprodukte aus Indonesien auf. Außerdem sollen die indonesischen Exportindustrien für Palmöl, Textilien und Schuhe profitieren.

Insbesondere für Palmöl-Plantagen roden indonesische Unternehmen jährlich große Flächen Regenwald. Brüssel hat sich deshalb dafür eingesetzt, dass das Abkommen nun Verweise auf eine Reihe internationaler Abkommen zum Klima- und Umweltschutz enthält. Nach EU-Angaben gibt es zudem eine Sondervereinbarung für eine nachhaltigere Palmöl-Produktion, die Indonesien aber keine konkreten Einschränkungen vorschreibt.

Die Gespräche über das Abkommen ziehen sich wegen der Streitigkeiten bereits seit fast zehn Jahren hin. Beide Seiten hatten die Verhandlungen in den vergangenen Monaten aber beschleunigt, auch weil die EU wegen der Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump weltweit nach alternativen Handelspartnern sucht.

Das Abkommen muss nun von Juristen auf beiden Seiten geprüft und in alle EU-Amtssprachen übersetzt werden. Aufseiten der EU müssen der Rat der 27 Mitgliedsländer und das Europaparlament anschließend zustimmen, auch Indonesien muss das Abkommen noch ratifizieren.

AFP