Putin: Westliche Soldaten in der Ukraine wären ein "legitimes" Angriffsziel

Putin beim Wirtschaftsforum im Wladiwostok
Putin beim Wirtschaftsforum im Wladiwostok
© AFP
Der russische Präsident Wladimir Putin hat mit einer scharfen Drohung auf die Ankündigung zur Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine im Falle eines Waffenstillstands reagiert. "Wenn dort irgendwelche Truppen auftauchen, insbesondere jetzt während der Kämpfe, gehen wir von der Prämisse aus, dass sie ein legitimes Ziel sind", sagte der Kreml-Chef am Freitag in Wladiwostok. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj geht davon aus, dass der Westen zur Entsendung tausender Soldaten bereit ist. 

Putin hob hervor, dass eine Entsendung von Soldaten aus dem Westen nicht förderlich für einen langfristigen Frieden sei. Falls Entscheidungen über einen dauerhaften Frieden getroffen würden, sehe er "einfach keinen Sinn" in der Präsenz westlicher Truppen in der Ukraine, sagte der Kreml-Chef bei einem Wirtschaftsforum im Wladiwostok. Er versicherte, dass Russland ein mögliches Abkommen "vollständig einhalten" werde.

Gut 30 überwiegend europäische Staats- und Regierungschefs der sogenannten Koalition der Willigen hatten am Donnerstag über Sicherheitsgarantien für die Ukraine beraten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte im Anschluss, dass 26 Länder sich verpflichtet hätten, "Soldaten im Rahmen einer Absicherungstruppe zu entsenden oder auf dem Boden, im Meer oder in der Luft präsent zu sein". Auf die möglichen Beiträge einzelner Länder ging er nicht näher ein. Unklar blieb auch, in welcher Form sich die USA beteiligen werden. 

Die westlichen Soldaten würden "nicht an der Front" stationiert, betonte Macron. Es gehe keineswegs darum, "einen Krieg gegen Russland zu führen". Vielmehr solle ein erneuter Angriff auf die Ukraine verhindert werden.

Selenskyj zeigte sich am Freitag überzeugt, dass der Westen im Falle einer Friedenslösung tausende Soldaten in die Ukraine entsenden wird. "Das ist eine Tatsache", fügte er hinzu. Es sei aber noch zu früh, um darüber im Detail zu sprechen.

Die Ukraine hält Sicherheitsgarantien des Westens für den Fall eines Abkommens mit Moskau für unerlässlich. Kiew und der Westen verweisen auf eine lange Liste von Verstößen Russlands gegen Vereinbarungen zur Ukraine, darunter das Budapester Memorandum von 1994. Russland, Großbritannien und die USA hatten sich damals verpflichtet, die Grenzen der Ukraine zu achten und ihre Unabhängigkeit sowie Souveränität zu respektieren. Im Gegenzug gab Kiew sein Atomwaffenarsenal aus Sowjetzeiten auf. 

Moskau hat westliche Sicherheitsgarantien für die Ukraine hingegen mehrfach eine Absage erteilt. "Können ausländische, insbesondere europäische und amerikanische Militärkontingente, die Sicherheit der Ukraine gewährleisten und garantieren? Auf keinen Fall, das können sie nicht", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Dies sei keine Lösung, "die für unser Land akzeptabel wäre".

Peskow warf den Europäern vor, eine Beilegung des Ukraine-Konflikts zu erschweren. "Die Europäer behindern die Lösung in der Ukraine. Sie tragen nicht dazu bei", sagte er der russischen Zeitung "Iswestija". Der Kreml-Sprecher warf den Europäern zudem vor, "ihre Versuche fortzusetzen", die Ukraine "zum Zentrum alles Antirussischen" zu machen.

Die Ukraine und ihre Verbündeten werfen Putin vor, kein Interesse an ernsthaften Friedensverhandlungen zu haben und stattdessen auf Zeit zu spielen, um weitere Gebiete in der Ukraine zu erobern. Putin verwies am Mittwoch darauf, dass die russische Armee an allen Frontabschnitten vorrücke und er zur Fortsetzung der Kämpfe bereit sei, falls kein Abkommen erzielt werde.

Die diplomatischen Bemühungen um eine Friedenslösung, die auch von US-Präsident Donald Trump vorangetrieben wurden, führten bislang nicht zu Fortschritten hinsichtlich einer Friedenslösung. Moskau verlangt weiterhin eine internationale Anerkennung der besetzten ukrainischen Gebiete als Teil Russlands sowie einen Verzicht auf einen Nato-Beitritt der Ukraine. Kiew lehnt dies ab. 

Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) forderte derweil mehr europäische Unterstützung für die Luftabwehr der Ukraine. "Wir müssen über neue Waffensysteme nachdenken, die geliefert werden können und die die Ukraine sich beschaffen kann", sagte Wadephul in einem Interview des Nachrichtenportals "t-online". 

"Vor allem Flugabwehrsysteme müssen beschafft werden. Es gibt einige europäische Länder, die noch über Systeme verfügen und diese nicht tagtäglich brauchen", fügte der Minister hinzu. "Deutschland regt an, dass sie darüber nachdenken, diese abzugeben." Wadephul kündigte Gespräche mit den betreffenden Ländern an.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drängt die Verbündeten seines Landes angesichts der massiven russischen Luftangriffe immer wieder zu einer Stärkung der ukrainischen Luftabwehr. Deutschland hatte der Ukraine zuletzt zwei weitere Patriot-Luftabwehrsysteme zugesagt.

AFP