Trump ordnet per Dekret Sanktionen gegen Internationalen Strafgerichtshof an

US-Präsident Donald Trump
US-Präsident Donald Trump
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US-Präsident Donald Trump hat per Dekret Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) angeordnet. Er begründete den Schritt bei der Unterzeichnung am Donnerstag damit, dass das Haager Gericht "seine Macht missbraucht" habe, indem es Haftbefehl gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu beantragte. Während der IStGH die Sanktionen am Freitag verurteilte und die Bundesregierung die Wichtigkeit des Gerichts betonte, begrüßte Israel Trumps Schritt.

In dem vom Weißen Haus veröffentlichten Dekret heißt es, das Gericht mit Sitz in Den Haag habe "illegale und unbegründete Aktionen gegen Amerika und unseren engen Verbündeten Israel" vorgenommen. Demnach wird Führungskräften, Angestellten und Mitarbeitern, die an IStGH-Ermittlungen beteiligt sind, sowie ihren Familienangehörigen die Einreise in die USA untersagt. Das Dekret sieht zudem das Einfrieren aller Vermögenswerte vor, die diese Personen in den USA besitzen.

Die Namen der Betroffenen wurden zunächst nicht veröffentlicht. Frühere US-Sanktionen gegen den IStGH während Trumps erster Amtszeit hatten sich gegen die damalige Chefanklägerin Fatou Bensouda und weitere ranghohe Mitarbeiter des Gerichts gerichtet.

Der IStGH verurteilte die von Trump verhängten Sanktionen. Die "unabhängige und unparteiische juristische Arbeit" des Gerichts solle damit beeinträchtigt werden, erklärte das Gericht. Es stehe hinter seinem Personal und wolle "weiterhin für Millionen unschuldiger Opfer von Gräueltaten auf der ganzen Welt Gerechtigkeit und Hoffnung" schaffen.

Das Auswärtige Amt in Berlin betonte, der IStGH sei "eine der größte Errungenschaften des internationalen Völkerrechts". Er basiere auf wichtigen Prinzipien wie der Durchsetzung des Völkerstrafrechts und der Unabhängigkeit internationaler Gerichte, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts. "Wir unterstützen den IStGH und werden das auch weiterhin tun."

Die Vereinten Nationen erklärten, Trumps Entscheidung zu bedauern. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte forderte, den Schritt rückgängig zu machen. EU-Ratspräsident António Costa erklärte im Onlinedienst X, die Sanktionen gefährdeten die Unabhängigkeit des Gerichtshofs und würden "das internationale Strafrechtssystem als Ganzes" untergraben.

Israels Außenminister Gideon Saar begrüßte hingegen die Sanktionen. Auf X erklärte er, die Maßnahmen des IStGH seien "unmoralisch" und hätten "keine rechtliche Grundlage". Der IStGH verfolge "aggressiv die gewählten Anführer Israels, der einzigen Demokratie im Nahen Osten" und untergrabe dadurch das Völkerrecht.

Der IStGH hatte vor dem Hintergrund des Krieges im Gazastreifen im November einen internationalen Haftbefehl gegen den israelischen Regierungschef Netanjahu, seinen ehemaligen Verteidigungsminister Joav Gallant sowie den von Israel getöteten Militärchef der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas, Mohammed Deif, erlassen. Ihnen werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vorgeworfen.

Israel kritisiert das Vorgehen des IStGH scharf. Er weise jeglichen von IStGH-Ankläger Khan gezogenen "Vergleich zwischen dem demokratischen Israel und den Massenmördern der Hamas mit Abscheu zurück", erklärte Netanjahu damals. Khan warf er vor, "kaltschnäuzig Öl ins Feuer des Antisemitismus zu gießen".

Auch Trumps Vorgänger Joe Biden verurteilte den "ungeheuerlichen" Haftbefehl gegen Netanjahu im November nachdrücklich.

Das US-Repräsentantenhaus hatte im vergangenen Monat einen Gesetzentwurf zu Sanktionen gegen den IStGH verabschiedet. Die Demokraten äußerten zwar ebenfalls Verärgerung über den beantragten Haftbefehl gegen Netanjahu, dennoch blockierten sie das Gesetz vergangene Woche im Senat mit der Begründung, es könne mit Blick auf US-Verbündete und US-Unternehmen nach hinten losgehen.

Während Trumps erster Amtszeit hatte seine damalige Regierung bereits Sanktionen gegen das Haager Gericht wegen Ermittlungen zu mutmaßlichen US-Kriegsverbrechen in Afghanistan erlassen. Sein Nachfolger Biden hob diese wieder auf.

Der IStGH hatte 2006 erstmals Untersuchungen zu mutmaßlichen Kriegsgräueln in Afghanistan eingeleitet. Im Jahr 2020 genehmigte er dann eine umfassende Ermittlung. Bensouda erklärte seinerzeit, es bestehe ein "begründeter" Verdacht auf Kriegsverbrechen durch die radikalislamischen Taliban sowie durch die US-Streitkräfte im Land und den US-Auslandsgeheimdienst CIA in geheimen Gefangenenlagern im Ausland.

Der derzeitige IStGH-Chefankläger Karim Khan erklärte jedoch 2021, er nehme die USA von der Untersuchung aus, da die "schlimmsten Verbrechen" in Afghanistan von den Taliban und der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat begangen worden seien.

Der Haager Gerichtshof verfolgt seit 2002 besonders schwerwiegende Vergehen wie Kriegsverbrechen. Weder die USA noch Israel gehören zu den Vertragsstaaten des IStGH.

AFP