Von der Politik zur Versicherung: Der Wechsel des ehemaligen Gesundheitsministers Daniel Bahr (FDP) zur Allianz sorgt für Diskussionen. "Einmal mehr zeigt sich, wie überfällig eine gesetzliche Regelung zur Karenzzeit für ehemalige Regierungsmitglieder vor einem Wechsel in die Privatwirtschaft ist", erklärte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Britta Haßelmann. Kritik kam auch vom Arbeitnehmerflügel der CDU.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, forderte auf "Handelsblatt Online" eine mindestens zweijährige Karenzzeit für Minister und Staatssekretäre. "Es ist politisch unerträglich, dass ein Politiker in die Branche wechselt, für deren Regulierung er zuständig war."
Christian Lindner verteigt seinen Parteifreund
FDP-Bundeschef Christian Lindner verteidigte den für November angekündigten Wechsel seines Parteifreunds. Bahr sei nicht wegen seiner Kontakte, sondern wegen seiner "Kenntnisse als anerkannter Gesundheitsexperte" an Bord geholt worden, sagte er dem "Handelsblatt".
Nach Angaben der Allianz wird Bahr von November an als Generalbevollmächtigter für die Allianz Private Krankenversicherung tätig sein, der für private Krankenversicherungen zuständigen Sparte des weltweit aktiven Konzerns. Später soll er in den Vorstand der Tochter berufen werden. Bereits am Montag hatte die Vereinigung Lobbycontrol die Personalie kritisiert.
Bahr weist Kritik zurück
Bahr war jahrelang in herausgehobenen Positionen in der Gesundheitspolitik tätig. Zunächst war er von 2005 bis 2009 gesundheitspolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, von 2009 bis 2011 dann Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium und von 2011 bis 2013 Bundesgesundheitsminister.
Als Gesundheitsminister entwickelte der 37-Jährige den "Pflege-Bahr" - eine private Zusatzversicherung für die Pflege, die auch von der Allianz angeboten wird. Er machte sich außerdem generell für die private Krankenversicherung stark. Derzeit arbeitet Bahr in den USA für eine auf Gesundheitspolitik spezialisierte Denkfabrik.
Bahr hatte die Kritik an seinem Wechsel in einem am Montag auf der Allianz-Website veröffentlichten Interview zurückgewiesen. Als Bundesminister habe er unabhängig von den Interessen einzelner Branchen oder Anbieter Entscheidungen für alle Bereiche des Gesundheitswesens getroffen.