Was ein Landwirt im thüringischen Hildburghausen derzeit erlebt, klingt zu absurd, um wahr zu sein. Doch der 61-Jährige findet die reale Posse um seine 30 Heckrinder überhaupt nicht lustig. Wie die "Bild" zuerst berichtete, grasten die Rinder des Bauern bisher ungestört und friedlich auf seiner 70-Hektar großen Weide in der Gemeinde Streufdorf. Doch damit soll nun Schluss sein.
Rinder dürfen nicht mehr nach Bayern
Der Acker in Streufdorf war bis zur friedlichen Revolution vor 30 Jahren Teil des Todesstreifens zwischen Ost und West. Seitdem pendelten Mensch und Tier zwischen Thüringen und Bayern und stapften unbehelligt über die grüne Landesgrenze. Jetzt soll der Landwirt die Weide mit einem 150 Meter langen Elektrozaun teilen. Genau dort, wo einst die innerdeutsche Grenze nicht nur mit Schusswaffen gesichert wurde. Das Veterinäramt Hildburghausen hat den Rindern des 61-Jährigen verboten, das Gras auf dem bayerischen Teil der Weide zu fressen. Die bürokratische Begründung aus der Amtsstube: Die Tierseuche-Vorschriften in Thüringen und Bayern seien unterschiedlich.
Und es wird noch absurder.
Schickt der Landwirt seine Tiere über die grüne Grenze auf den anderen Teil seines Ackers soll er jedes Rind einzeln ummelden. Angeblich, damit bei möglichen Kontrollen der Veterinärämter die Betriebsnummer korrekt sind und klar ist, welcher der beiden Freistaaten zuständig ist, wenn es Auffälligkeiten gibt.
Ignoriert der Landwirt die Vorschriften und Auflagen wird es teuer. Entweder, weil die Tiere nicht korrekt gemeldet sind – oder weil die Wiese auf der bayerischen Seite seiner Weide zuwuchert. Laut "Bild" zahlen Bayern und Thüringen dem Bauern jedes Jahr mehr als 300 Euro pro Hektar – also rund 20.000 Euro – für die Landschaftspflege im Naturschutzprojekt "Grünes Band".
Ein Zaun, zwei Ausschreibungen, vier Jahre Bauzeit
Die Posse um die Betriebsnummern und den Elektrozaun war nicht die erste dieser Art in der thüringischen Provinz. So soll allein der Bau und die Umzäunung der Weide vier Jahre gedauert haben. Unter anderem, weil die Landratsämter in Thüringen und Bayern auf getrennte Ausschreibungen für den Auftrag bestanden. Schließlich rückten tatsächlich zwei Firmen an, um die Weide des Landwirts einzuzäunen.