Angesichts der verheerenden Lage im bosnischen Flüchtlingscamp Lipa hat EU-Innenkommissarin Ylva Johansson die Behörden vor Ort erneut zum Handeln aufgerufen. "Sie müssen den politischen Willen zeigen, Leben zu retten, und eine langfristige Lösung bieten", sagte die Schwedin im Brüsseler Europaparlament.
Sie sei sich bewusst, dass die Gespräche zwischen lokalen und nationalen Behörden schwierig sein könnten. Aber die "unverzügliche Priorität" sei nun, Leben zu retten und zu verhindern, dass aus der humanitären Krise ein humanitäres Desaster werde. Im Februar wolle sie Lipa sowie die bosnischen Behörden besuchen.
Bosnien-Herzegowina: Migranten schlafen bei minus 15 Grad im Freien
Das Camp Lipa im Nordwesten des Landes war im Dezember von der Internationalen Organisation für Migration geräumt worden, weil die bosnischen Behörden es nicht winterfest gemacht hatten. Die Migranten blieben zeitweise bei bis zu minus 15 Grad unter freiem Himmel. "Die Welt" zitierte aus einem vertraulichen Bericht der EU-Kommission, wonach sich die Zelte häufig in mangelhaftem Zustand befänden. Migranten beklagten, "dass Wasser durch Löcher eindringt und die Luft verschmutzt ist, weil die Heizsysteme mit Kraftstoff angetrieben werden und keine Ventilatoren vorhanden sind".
Wegen fehlender sanitärer Anlagen litten "viele Menschen" an Hautkrankheiten. Einige wiesen Covid-19-Symptome auf. Nach Angaben der EU-Kommission hat sich die Situation mittlerweile leicht verbessert, laut des Onlineportals "klix.ba" soll das Lager allerdings erst in drei Monaten voll funktionsfähig sein.
Zugleich erneuerte Johansson ihre Forderung, das Camp Bira im nahe gelegenen Bihac wieder zu eröffnen. Es sei frustrierend, Zelte aufbauen zu müssen, wenn es nur 30 Kilometer entfernt eine ausgestattete und winterfeste Unterkunft gebe. Die EU-Kommission sei weiter bereit, Bosnien-Herzegowina zu unterstützen.
Aber das Land müsse zeigen, dass es in der Lage sei, Migration zu managen und seiner Verantwortung gerecht zu werden. Als Land mit der Aussicht auf einen EU-Beitritt erwarte man, dass Bosnien-Herzegowina an langfristigen Lösungen arbeite und im ganzen Land Unterkünfte für Migranten errichte.