Busunglück "Deutschland nimmt Anteil"

Am Tag vor Heiligabend überwog die Trauer. Sechs Familien waren nach Belgien gereist, um der elf Opfer des Busunglücks vom Samstag zu gedenken. Verkehrsminister Stople nahm auch an der Trauerfeier teil.

Am Tag vor Heiligabend überwog die Trauer. Sechs Familien waren nach Belgien gereist, um der elf Opfer des Busunglücks vom Samstag zu gedenken. Der Tod der jungen Menschen aus Deutschland und Bosnien, deren Reise nach Paris in einem brennenden Reisebus an der belgisch-französischen Grenze endete, sei kein individuelles Schicksal: "Ganz Deutschland nimmt Anteil daran", betonte Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe nach der Andacht im westbelgischen Boussu nahe dem Unglücksort.

"Ergreifend und fassbar"

Zwischen elf hellen Holzsärgen mit Blumengestecken versammelten sich die Hinterbliebenen. "Ich habe Väter gesehen, die sich den Tod ihrer erwachsenen Söhne noch nicht klar gemacht haben", sagte der Gouverneur der Provinz Hennegau, Michel Tromont, nach dem Gedenken. Einige Familien hatten Erinnerungsstücke an die Opfer mitgebracht. So sei die Feier nicht nur sehr besinnlich und ergreifend, sondern zugleich "sehr fassbar" gewesen, berichtete Minister Stolpe den draußen wartenden Journalisten.

Ermittler und Angehörigen sprechen miteinander

Neben der Trauer blieben Fragen nach dem Hergang des Unglücks. Ermittler und Rettungskräfte versuchten, den Angehörigen ihre Erkenntnisse und Beobachtungen zu schildern. Der Busfahrer sei viel zu schnell gefahren - an der Unfallstelle kurz vor dem deutlich ausgeschilderten Grenzübergang sind nur 40 Kilometer pro Stunde erlaubt. Und er sei kurz vor dem Aufprall vermutlich eingenickt, sagten die Ermittler. Darauf deuteten mehrere Zeugenaussagen hin.

Bus-Besitzer will eigenes Gutachten

Der Besitzer des Unglücksbusses aus Franken, Rainer Polster, will die genaue Ursache des tödlichen Unfalls jedoch in einem eigenen Gutachten untersuchen lassen. "Wir haben erhebliche Bedenken, ob die Deutung richtig ist, dass der Fahrer eingeschlafen ist", sagte sein Anwalt Dieter Olejar von der Heidelberger Rechtsanwaltskanzlei Bau & Kollegen. Der Fahrer habe erst drei Stunden vor dem Unglück um 5.23 Uhr das Steuer übernommen. Der ebenfalls ums Leben gekommene 49- Jährige habe zudem viel Erfahrung gehabt.

Die belgischen Behörden nähmen die Hinweise auf den Zustand der Fahrbahn und der Seitenbegrenzung aus Betonteilen sehr ernst, sagte Stolpe. Er betonte aber: "Ich bin die Strecke entlanggelaufen an dem Katastrophentag" - dabei seien ihm keine Versäumnisse ins Auge gefallen. Genauer untersucht werden müsse indes noch die Frage, warum sich das Feuer im Bus so schnell ausbreitete.

Verschärfung von Vorschriften

Stolpe schloss eine weitere Verschärfung der Vorschriften für Busreisen nicht aus. Ironischerweise habe der Bundesrat just am Vorabend des Unglücks strengere Bestimmungen verabschiedet, sagte der Minister. Derzeit kontrolliere die Polizei Reisebusse besonders intensiv - sie habe dafür mehr Zeit, weil das Mautsystem noch nicht überwacht werden müsse. Die Besichtigung von Unfallstellen diene dazu, aus solchen Unglücken zu lernen und Konsequenzen zu ziehen: "Das ist kein Katastrophentourismus", betonte Stolpe.

"Wichtig war die Leidensgemeinschaft"

In Boussu habe jedoch das Leid der Hinterbliebenen überwogen. "Wichtig war dabei die Leidensgemeinschaft - dass man mit Menschen zusammen war, die auch ihr einziges Kind verloren haben", sagte der Minister. Provinzgouverneur Tromont sagte, die Toten könnten in den nächsten Tagen in ihre Heimat übergeführt werden. Nur zwei schwer verbrannte Leichen müssten zur letzten Gewissheit nochmals untersucht werden: "Es waren nur die Skelette übrig - furchtbar."

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Roland Siegloff, dpa

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