Auf Qosay K.s privatem Facebook-Profil gibt es nur eine öffentlich einsehbare "Gefällt Mir"-Angabe. Es ist die Polizei Delmenhorst. Jene Polizei, die K. am Freitagabend nach einem Handgemenge und dem Einsatz von Pfefferspray auf ihr Polizeirevier mitnahm und laut einer Pressemitteilung gegen 20 Uhr auf der Videokamera sah, wie der junge Mann in der Gewahrsamszelle kollabierte. Am Samstagabend, einen Tag nach dem Vorfall, starb Qosay K. in einem Oldenburger Krankenhaus. Doch wie kam es dazu?
Das Geschehene beginnt der Delmenhorster Polizei zufolge am Freitagabend im Wollepark. Dort seien zwei Zivilbeamte gegen 18.30 Uhr auf zwei Männer aufmerksam geworden, die "offenbar gerade Betäubungsmittel konsumierten". Als die Beamten sich als Polizisten zu erkennen gegeben haben, soll einer der Männer geflüchtet und nach wenigen Metern eingeholt worden sein.
Die Polizei beschreibt, wie der 19-Jährige den Beamten geschlagen habe. Dieser habe mit körperlicher Gewalt reagiert und Pfefferspray eingesetzt, sei aber erneut geschlagen worden. Mit seinem Kollegen sei es dem Polizisten schließlich gelungen, den Mann zu fixieren.

Dann habe man einen Rettungswagen gerufen, wie es nach dem Einsatz von Pfefferspray üblich sei. Weil der Überwältigte die Hilfe der Sanitäter verweigert habe, sei er anschließend zur Dienststelle in Delmenhorst gebracht worden. Dort habe eine Bereitschaftsrichterin der Staatsanwaltschaft Oldenburg eine Blutentnahme durch einen Arzt angeordnet, so die Polizei.
"Noch vor Eintreffen des Arztes beobachteten Polizeibeamte kurz vor 20 Uhr über die Videoüberwachungsanlage der Gewahrsamszelle, wie der Mann in der Zelle plötzlich zusammenbrach", schreibt die Polizei am Samstag in einer Pressemitteilung. Der herbeigerufene Rettungsdienst und ein Notarzt hätten die Versorgung übernommen.
Qosay K.s Zustand soll zu dem Zeitpunkt bereits kritisch gewesen sein. Am Samstagabend starb er schließlich in einem Oldenburger Krankenhaus.
Experten warnen: Pfefferspray kann tödlich sein
Immer wieder sterben Menschen bei Polizeieinsätzen, in denen Beamte und Beamtinnen Pfefferspray eingesetzt haben. Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages warnt vor "indirekten gesundheitlichen Gefahren beim Einsatz von Pfefferspray". Diese bestünden "insbesondere für solche Personen, die unter Drogeneinfluss stehen oder Psychopharmaka eingenommen haben".
Ob das Pfefferspray in diesem Fall eine tragende Rolle gespielt hat und ob K. überhaupt Drogen konsumiert hat, dürfte derzeit noch Gegenstand von Untersuchungen sein. In sozialen Medien waren übers Wochenende derweil Posts aufgetaucht, die die Geschehnisse und die Erzählung der Polizei infrage stellten.
Sie kommen auch von Accounts, die sich als Freunde von K. bezeichnen oder in Kontakt mit seinen Angehörigen stehen wollen. Auf einem Instagram-Account hieß es unter anderem, K. seien nach dem Einsatz Wasser und medizinische Hilfe verwehrt worden. Auch von Polizeigewalt ist darin die Rede.
Belege dafür gibt es derzeit nicht, die Posts wurden mittlerweile gelöscht. Im aktuellsten Beitrag des Profils steht unter einem Porträt von K., der Fall solle durch die Instagram-Posts nicht weiter in die Länge gezogen werden. Man warte nun auf die Ergebnisse der Obduktion und der Blutproben.
Staatsanwaltschaft: Äußere Gewalt war nicht Todesursache
Die genaue Todesursache von Qosay K. wird gegenwärtig noch ermittelt. Die Polizei Oldenburg-Stadt/Ammerland und die Oldenburger Staatsanwaltschaft haben die Ermittlungen zu dem Fall übernommen. Letztere teilte am Montag aber bereits mit, dass der 19-Jährige nach einem vorläufigen Ergebnis der rechtsmedizinischen Untersuchung nicht durch Gewalteinwirkung gestorben sei.
Weitere Untersuchungen, insbesondere eine toxikologische, seien in Auftrag gegeben worden. Bis Ergebnisse vorliegen, werden sich die Ermittlungsbehörden zu dem laufenden Verfahren nicht weiter äußern, heißt es von Seiten der Polizei. Dort spricht man in der Sache von einem "tragischen Unglücksfall".
Quellen:Deutscher Bundestag / Polizei Delmenhorst / mit dpa