Familienrecht EU will internationale Scheidungen leichter machen

Eine Scheidung tut weh - und ist oft höchst kompliziert und teuer. Noch komplizierter wird es allerdings, wenn die Ehepartner nicht die gleiche Nationalität haben. Um hier juristische Wettrüsten einzudämmen, will die EU scheidungswilligen Paaren klare Vorgaben machen.

Wer sich über Grenzen hinweg scheiden lässt, steht in Europa vor einem Wirrwarr unterschiedlicher Scheidungsrechte. Während das katholische Malta überhaupt keine Scheidungen kennt, kann man sich in Schweden innerhalb von sechs Monaten per Post loseisen lassen. Oft bricht beim Einreichen der Scheidung ein Wettlauf aus, wenn einer der beiden Partner einen Vorteil für sich in seinem Heimatland wittert.

Damit soll bald Schluss sein: Die EU will scheidungswillige Paare dazu zwingen, sich auf die Rechtssprechung eines ihrer Herkunftsländer zu einigen. Können sie das nicht, soll das Scheidungsgesetz desjenigen Landes gelten, in dem das Paar zuletzt gelebt hat. Betroffen sind rund 140.000 binationale Ehen, die jedes Jahr in der EU auseinander gehen.

Bislang ist in jedem Land anders geregelt, wie schnell ein Paar seinen Ehering los ist, ob es Unterhalt gibt und wer das Sorgerecht für die Kinder bekommt. "Das Familienrecht ist in Europa sehr zersplittert, weil die Traditionen von Sizilien bis Norwegen sehr verschieden sind", sagt der Experte für internationales Familienrecht, Dieter Henrich. Deutsche Richter stehen zum Beispiel im Ruf, beim Sorgerecht einseitig zugunsten der Mütter zu urteilen und üppige Unterhaltszahlungen zu fixieren.

Kampf um Unterhalt und Kindererziehung

"Wer sich einen teuren Anwalt leisten oder reisen kann, sucht ein Gericht, das ihm die beste Lösung bietet", klagt EU-Justizkommissarin Viviane Reding. Dabei ziehen vor allem Frauen meist den Kürzeren. Zum Beispiel kann ein Schwede, der sich zuhause von seiner polnischen Ehefrau scheiden lässt, viel Geld sparen. Er muss keinen Unterhalt zahlen, auch wenn die Frau ihren Beruf für die Kindererziehung aufgegeben hatte. Ein polnisches Gericht würde anders entscheiden.

Im Streitfall soll nun künftig das Recht des Landes angewandt werden, in dem die Eheleute gelebt haben oder wo die Ehe geschlossen wurde. Konkret bedeutet das: Heute werden der Spanier und die Spanierin, die in Berlin wohnen, nach spanischem Recht geschieden. Da Deutschland gemeinsam mit zehn anderen Staaten den EU-Vorschlag unterstützt, könnte künftig auch deutsches Recht gelten. Außerdem kann ein Ehepartner nicht mehr gegen seinen Willen geschieden werden. Wenn ein polnischer Ehemann nach Finnland zieht und dort die Scheidung ohne Zustimmung seiner Frau verlangt, ist das in Zukunft unmöglich. "Man braucht zwei Leute, um zu heiraten, und man braucht auch zwei, um sich scheiden zu lassen", sagt Kommissarin Reding.

"Das ist entspricht der Lebensrealität"

Wenn zwei Deutsche auf Malta leben und sich trennen wollen, ist das in Malta - wo es kein Scheidungsrecht gibt - ein aussichtsloses Unterfangen. Künftig wäre es nach deutschem Recht einfacher möglich.

Der Verband binationaler Familien und Partnerschaften begrüßt das Vorhaben. "Das ist gut und entspricht der Lebensrealität", sagt Bundesgeschäftsführerin Hiltrud Stöcker-Zafari. Sie gibt allerdings zu bedenken: "Die meisten Probleme haben wir mit Partnern aus außereuropäischen Ländern, wenn es um afrikanisches oder islamisches Recht geht. Da hilft die EU-Regel nicht weiter."

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Marion Trimborn, DPA

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