Schon die ersten Ausläufer des Hurrikans "Isabel" haben am Donnerstag beträchtliche Schäden an der Ostküste der USA angerichtet. Über 140 000 Menschen in den Bundesstaaten Virginia und North Carolina waren einem Bericht des Nachrichtensenders "Fox News" zufolge nach stürmischen Regenfällen gegen Mittag bereits ohne Strom.
200.000 Menschen auf der Flucht
Das Auge des Wirbelsturms mit einer Windgeschwindigkeit von bis zu 170 Stundenkilometern traf am frühen Nachmittag mit voller Wucht auf die Ostküste in North Carolina. Weit mehr als 200.000 Menschen hatten ihre Häuser in den gefährdeten Regionen verlassen. Tausende in Virginia waren in Turnhallen und anderen Notunterkünften untergebracht.
Heftige Regenstürme überfluteten am Vormittag Küstenstraßen und Piers, die Straßen in den Urlaubsorten und Städten am Meer waren menschenleer. In Middlesex (Bundesstaat Virginia) starb den lokalen Medien zufolge ein Mann bei dem Versuch, noch vor der Ankunft des Wirbelsturms einen Baum vor seinem Haus zu beschneiden.
Ein Versicherungsunternehmen in New York hat nach Angaben des Nachrichtensenders CNN die zu erwartenden Schäden auf mindestens eine Milliarde Dollar (etwa 890 Millionen Euro) geschätzt.
"Gut vorbereitet"
Auch das politische Washington war von dem tropischen Wirbelsturm betroffen. US-Präsident George W. Bush, der einen Tag früher als geplant auf sein Landsitz Camp David gefahren war, betonte zwar, die USA seien "gut vorbereitet" auf "Isabel". Allerdings blieben in Washington alle Behörden und Ministerien geschlossen, das politische Leben kam zum Erliegen. US-Außenminister Collin Powell sagte seine Reise zu den Trauerfeierlichkeiten in Stockholm für die ermordete schwedische Außenministerin Anna Lindh wegen des Unwetters ab.
Öffentliches Leben lahm gelegt
Der Hurrikan legte in zahlreichen Küstenstaaten das öffentliche Leben bereits vor dem Eintreffen seines zerstörerischen Zentrums lahm. In den Bundesstaaten North Carolina, West-Virginia, Virginia, Maryland und Delaware sowie in der Hauptstadt Washington war der Notstand ausgerufen worden. Sturmwarnungen gab es aber auch in New Jersey und für Teile New Yorks.
Schulen und Unis geschlossen
Hunderttausende von Arbeitnehmern - auch die Angestellten aller Bundesbehörden in Washington - blieben zu Hause, Schulen und Universitäten geschlossen. Der Eisenbahn- und Luftverkehr an der gesamten Ostküste war stark eingeschränkt; die Flughäfen in Washington, Philadelphia (Bundesstaat Pennsylvania) und Baltimore (Maryland) schlossen. Allein die Fluggesellschaft US Airways strich 400 Flüge. Auch die U-Bahn in Washington stellte den Verkehr ein.
Nationalgarde steht bereit
Die Nationalgarde und alle verfügbaren Sicherheitskräfte standen bereit, um im Fall einer Katastrophe bei der Rettung von Menschen und bei den Aufräumarbeiten zu helfen. Nach Angaben des statistischen Bundesamtes leben mehr als 50 Millionen Menschen in der vermuteten Schneise des Hurrikans.
Die Behörden in den gefährdeten Bundesstaaten warnten, dass weitere Regionen von dem Zusammenbruch der Stromversorgung betroffen sein könnten. Die Energieversorgung könne in manchen Regionen - möglicherweise für Tage - massiv gestört sein. Die Stromversorgungsunternehmen hatten bereits in den vergangenen Tagen Einsatzkräfte aus anderen Bundesstaaten an die Ostküste beordert.
Wolfgang Schäuble in Washington
Gefährdet waren am Donnerstag auch die Termine des CDU-Politikers Wolfgang Schäuble in Washington, der unter anderem mit dem stellvertretenden Verteidigungsminister Paul Wolfowitz zusammentreffen wollte. Nach Medienberichten ist auch das Auftaktspiel der Frauen-Fußballweltmeisterschaft am Samstag in Philadelphia in Frage gestellt.
Zuletzt war vor vier Jahren ein Hurrikan dieser Stärke über den Bundesstaat North Carolina hinweg gerast. Hurrikan "Floyd" verursachte nach CNN-Angaben einen Schaden in Höhe von sechs Milliarden Dollar. Damals waren mehr als 50 Menschen ums Leben gekommen.