Frau Paetzold, sind Sie als Experten des DWD vom frühen Schneefall im Dezember überrascht worden?
Wir haben die weiße Pracht aufgrund unserer Computermodelle natürlich schon ein paar Tage zuvor kommen sehen. Uns stehen mehrere Rechenmodelle zur Verfügung, deren Ergebnisse dann verglichen werden. Bei wachsender Übereinstimmung wird auch die Sicherheit unserer Vorhersagen größer. Recht zuverlässig funktioniert das aber nur für Zeiträume von maximal einer Woche. Insofern waren auch wir etwas überrascht vom frühen Wintereinbruch.
Ist es ungewöhnlich, dass wir nach dem strengen Winter des vergangenen Jahres jetzt schon wieder einen erleben?
Nein. Wir können nach einem Winter keine seriösen Vorhersagen für den nächsten machen. Über so lange Zeiträume ist das einfach nicht möglich.
Einige Ihrer Meteorologen-Kollegen behaupten das aber immer wieder.
Ich weiß. Zum Beispiel gibt es Versuche, vom Verlauf eines Sommers auf den darauf folgenden Winter zu schließen. Schaut man sich das aber im Detail an, gehen außerordentlich große Unsicherheiten in solche Prognosen ein. Darum ist der Verlauf jedes Winters auch für uns Meteorologen, die sich tag-täglich mit Wettervorhersagen befassen, immer wieder spannend. Nicht nur der, den wir gerade erleben.
Dorothea Paetzold ...
... ist Meteorologin beim Deutschen Wetterdienst (DWD).
Wir müssten also immer auch mit dem Schlimmsten rechnen. Warum sind wir dann aber so schlecht vorbereitet?
Viele haben ein Problem mit der angemessenen Deutung von Statistiken. Nehmen Sie Weihnachten: Wir wissen von den langjährigen Aufzeichnungen, dass es bei uns im Flachland etwa einmal in vier Jahren zur weißen Weihnacht kommt. Viele halten das für romantisch und ersehnen es darum von Herzen. Aber schneit es dann wirklich, bricht gleich der Verkehr zusammen. Denn niemand hat wirklich mit einem solchen Wintereinbruch zum Fest gerechnet. Wenn genaue, langfristige Vorhersagen nicht möglich sind, muss man sich eben auf verschiedene Szenarien rechtzeitig vorbereiten. Auch eher seltene Ereignisse treten ab und zu ein.
Nun haben wir ja aber schon zwei strenge Winter hintereinander. Könnte das anzeigen, dass die Klimaerwärmung schon wieder zu Ende geht? Droht vielleicht gar eine neue Eiszeit?
Na ja, solche Anfragen bekomme ich oft ... Aber ob es hier in Deutschland viel schneit oder auch nicht, lässt letztlich keine Schlüsse über den Klimawandel zu. Wenn wir vom Klima reden, dann meinen wir die atmosphärischen Vorgänge auf der ganzen Erde. Und wir betrachten Zeiträume von Jahrzehnten oder noch mehr, nicht so kurze Ereignisse wie einen Winter.
Haben Sie einen Rat, wie man am besten mit der verbleibenden kalten Jahreszeit umgehen sollte?
Wäre es nicht schön, wir könnten das Wetter so genießen, wie es nun einmal ist? Wer Schnee und Kälte allerdings gar nicht mag, soll halt mit ein bisschen Gelassenheit auf den Frühling warten. Der immerhin kommt ganz bestimmt.