Online-Hetze nach Überfall auf Weist Nach der Messerattacke kommt der rechte Hass

Von Samuel Rieth
Noch weiß niemand, wer die Sängerin von Jennifer Rostock und ihren Begleiter Samstagnacht in Berlin überfallen hat. Doch ihre Facebookseite ist schon jetzt voll von Hetze gegen die angeblich ausländischen Täter.

Jennifer Weist wollte ihre Facebookfans offensichtlich warnen. Ihnen sollte nicht das gleiche zustoßen wie ihr. Samstagnacht war die Sängerin der Band Jennifer Rostock in Berlin-Friedrichshain unterwegs, mit Freunden hat sie im Astra-Club auf dem ehemaligen Gelände des Reichsausbesserungswerkes (RAW) an der Revaler Straße gefeiert. Als sie den Club verließ, versuchten zwei Diebe, ihr und einem Freund auf der Straße das Portemonnaie zu stehlen. Doch sie wurden ertappt. Da tauchten drei Komplizen auf: Einer zog ein Messer und verletzte den 26-jährigen Begleiter Weists am Hals.

Am Montagabend postete Weist ihre Warnung zusammen mit einem Foto der genähten Wunde auf ihrer Facebookseite. Bis Dienstagnachmittag wurde das Bild mehr als 55.000 Mal geteilt und mehr als 10.000 Mal kommentiert.

Viele Nutzer zeigten Anteilnahme. In den Kommentare stehen Sätze wie: "Ich hoffe, deinem Freund geht es schnell besser!" Eine andere tippte: "Ich habe echt keine Worte dafür." Doch leider ging es nicht allen um Mitgefühl.

Für andere bietet der Fall Gelegenheit, Hass und Wut loszuwerden. Wut auf die Polizei und Politiker, die nicht für Sicherheit sorgen. Und Hass gegen Ausländer. "Was regt ihr euch so auf?", fragt eine Frau: Bei den Tätern könne es sich nur um "Kulturfremde" handeln. "Ihr wollt doch diese Leute hier." Sie gehört zu denen, die noch eher zurückhaltend formulieren. Andere hetzen ohne Skrupel gegen "Multikulti", "Gutmenschen" und "Asylanten".

"Da reichen paar Kugeln und das Problem ist gelöst"

Sie fordern, eine Bürgerwehr müsse für Ordnung sorgen oder jeder gleich selbst eine Waffe bei sich tragen. "Da reichen paar Kugeln und das Problem ist gelöst, wenn ihr mich versteht", schreibt jemand. Mit Zwinkersmiley am Ende. Ein anderer meint sarkastisch: "Danke für die offenen Grenzen und fürs freie Europa."

Recht aber hat eine Nutzerin, die fragt: "Was sind das nur für Menschen?" Denn noch lautet die einzige richtige Antwort: Man weiß es nicht. Die Täter konnten alle flüchten. Die Polizei hat heute die Opfer vernommen. Eine Beschreibung der Räuber liege noch nicht vor, sagt ein Sprecher der Polizei.

Hetze ist kein Einzelfall

Ungewöhnlich ist die Hetze leider nicht. Inzwischen passiert es mit trauriger Regelmäßigkeit: Wer im Internet etwas postet, was nur indirekt oder - wie hier - gar nicht mit Migranten zu tun hat, wird mit ausländerfeindlichen Kommentaren überhäuft. Vor Jennifer Weist bekamen das etwa schon der Blogger Sascha Lobo und der Schauspieler Til Schweiger zu spüren.

Am Dienstagmittag reagierte die Band Jennifer Rostock auf ihrer Facebookseite auf die menschenverachtende Hetze: "Auf Jennifers Profil tobt gerade der rechte Bodensatz des Internets", heißt es dort. "Es geht um die Aufklärung eines unfassbaren Verbrechens und nicht darum, dass jetzt Kartoffel-Bürgerwehren durch Friedrichshain spazieren." Berlin sei ein Ort der Freiheit und der Toleranz. "Wir tolerieren keine fremdenfeindliche Hetze auf unseren Profilen", steht dort weiter. "Dieser Hass macht uns gerade unfassbar wütend."

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"Ich versteh einfach nicht, was hier los ist?!", meldet sich auch Jennifer Weist selbst wieder auf ihrer Seite zu Wort. Scharf kritisiert sie die "ganzen beschissenen rassistischen Kackkommentare" gegen Ausländer. Die seien in doppelter Hinsicht Unsinn: Ihr verletzter Freund sei nämlich selbst einer.

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