Experte ordnet ein
Tiefer Schlamm und Eiseskälte: Wie verändern Herbst und Winter den Ukraine-Krieg?
Sehen Sie im Video: Tiefer Schlamm und Eiseskälte – wie verändern Herbst und Winter den Ukraine-Krieg?
Gernot Kramper (stern) Im Moment ist nicht zu erkennen, dass eine der beiden Seiten denkt, er macht mal ein halbes Jahr eine Pause. Insbesondere die Ukrainer nicht. Und das ist sicherlich jetzt eine Herausforderung für beide Seiten, da sie Truppen im Feld haben, dass sie unbedingt Winterausrüstung haben müssen. Bei -30 -40 Grad kannst du nicht aus einer Hütte kommen und mit der bloßen Hand irgendwie Metallgegenstand anfassen. Da friert die Haut einfach sofort ab.
Hendrik Holdmann (stern) Jetzt stehen die kalten Jahreszeiten vor der Tür. Wie wird sich der Krieg durch den Winter verändern?
Gernot Kramper (stern) Also erst mal kommen ja nochmal die nassen Jahreszeiten. Dass Bewegungen grundsätzlich schwieriger werden – und wir haben ja eigentlich gedacht, dass es nach dem Oktober, also wenn die Idee, dass der Krieg abkühlt – das können wir ja im Moment überhaupt nicht sehen. Also so. Wir sehen die ukrainische Offensive, eine weitere ist angekündigt, die ja auch jetzt noch einmal später kommen muss. Und wir sehen aber auch, dass die Russen durchaus Erfolge vorweisen können. Sie rücken im Donbass weiter vor. Das ist alles sehr kleinflächig. Da wird gewissermaßen von der Turnhalle wird dann eine Riesen-Fabrik erobert. Aber es sind doch sehr heftige Kämpfe, wenn man sich das ansieht. Und insgesamt ist der Krieg intensiver und mit größeren Verlusten verbunden als in den Monaten vorher. Das ist jedenfalls mein Eindruck von dem Videomaterial, was man sehen kann. Und wir haben alle erwartet, dass es eher eine Abkühlung gibt im Winter. Aber in dem Moment, wo beide Seiten so stark nachlegen, ist das im Moment nicht zu erkennen, weil man auch im Winter Krieg führen kann. Insbesondere muss man sagen, dass die wirkliche Schwierigkeit für Kriege in der Ukraine sind, die Übergangszeiten also gewissermaßen Herbst und Frühjahr, wenn es zu dieser Schlamm-Jahreszeit kommt in der Ukraine, dass der Boden extrem weit aufgelöst ist und man gewissermaßen nur die Straßen befahren kann. Weil du in allem anderen verschwindest. Und bei den Straßen muss man dann auch sagen, dass du praktisch nur die Straßen im normal bebauten Gebiet hast. Aber so diese Feld- und Waldwege lösen sich dann eben auch auf. Also das heißt: Das behindert die Kampfaktion um sicherlich. Aber im Moment ist nicht zu erkennen, dass eine der beiden Seiten denkt, er macht mal ein halbes Jahr eine Pause, insbesondere die Ukrainer nicht. Insofern würde ich mir da nicht so eine starke Abkühlung der Kampfhandlungen erwarten. Die Winter sind dort kühler, aber es ist auch nicht jeder Winter so wie Moskau 1940 oder 41. Also mit Temperaturen von -40 Grad. Und im Moment traut man den Russen ja gar nichts zu. Aber man muss auch sagen in dem Moment muss ich jetzt an zwei große sowjetische Offensive, an der ja auch Ukrainer beteiligt waren, erinnern, und zwar der Gegenstoß der Russen vor Moskau und andererseits die Operation Uranos, die sich zum Einschnüren der sechsten Armee in Stalingrad geführt hat. Beide Operationen sind bei extremer Kälte durchgeführt worden und das ist offenbar möglich. Das behindert viele Dinge, insbesondere wenn keine Winterausrüstung da ist. Und das ist sicherlich jetzt eine Herausforderung für beide Seiten, da sie Truppen im Feld haben, dass sie unbedingt Winterausrüstung haben müssen. Und die Ukrainer haben das ganz sicherlich nicht in diesem Maßstab. Und die Russen vermutlich auch nicht. Bei denen weiß man aber nicht, ob sie eventuell nicht alte Schlafsäcke aus der UdSSR Zeit noch, also so altes Material, irgendwo aufbewahrt haben. Die scheinen ja alles aufzubewahren. Aber grundsätzlich gibt es eben auch Kämpfe mit großen Operationen in extremer Kälte – hat es durchaus zweiten Weltkrieg gegeben. Oder wenn man sich daran erinnert, dass die Amerikaner in Nordkorea im Koreakrieg weit vorgestoßen sind, haben die Chinesen auch einen Moment extremster Kälte für den Gegenstoß ausgesucht. Das hat mehr mit geographischen Situationen zu tun und jetzt nicht mit der Kälte. Es hat aber beide Seiten davon nicht abgehalten, auch wenn es die Bewegung ändert und vor allen Dingen die Benutzung des Materials natürlich sehr schwierig wird. Also muss man auch mal klar sagen, bei -30 -40 Grad kannst du nicht aus ner Hütte kommen und mit der bloßen Hand irgendwie Metallgegenstand anfassen, erfriert die Haut einfach sofort an. Also so. Es ist schon kompliziert, aber hat bis jetzt die Kriege auch nicht gebremst.