Bonner Bombenfund Polizei sucht Verdächtigen mit McDonald's-Video

Im Fall des Bonner Bombenfunds sucht die Polizei nach einem weiteren Verdächtigen, der mit der Tasche gesehen wurde. Am Mittwochabend sorgte unterdessen eine Tasche am Essener Bahnhof für Aufregung.

Im Fall des Sprengsatzes vom Bonner Hauptbahnhof suchen die Ermittler neben einem dunkelhäutigen Mann nun auch einen hellhäutigen. Dieser sei auf Videoaufnahmen aus einer McDonald's-Filiale zu sehen, sagte der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers. Auf dem in der Nacht zum Mittwoch ausgewerteten Video ist ein Mann in einer hellen Jacke zu sehen, der das Schnellrestaurant betritt und wenig später wieder verlässt. Der Mann trägt die blaue Tasche in der rechten Hand. Die Leiterin der Kölner Polizeipressestelle, Martina Kaiser, sagte, die Ermittler seien "sehr sicher", dass es sich bei der Tasche um das Gepäckstück mit dem Sprengsatz handele.

Der leitende Kriminaldirektor Norbert Wagner sprach mit Blick auf den hellhäutigen Mann von einer heißen Spur. Er komme als Tatbeteiligter in Betracht. Auch ein dunkelhäutiger Mann, von dem die Polizei bereits ein Phantombild angefertigt hatte, werde weiter gesucht. Er sei "unter Umständen ein wichtiger Zeuge".

Sprengkraft ist nicht mit Madrider Bomben vergleichbar

Jugendliche, die am Gleis eins auf ihren Zug gewartet hatten, hatten am Montag einen dunkelhäutigen Mann beschrieben, der ihnen die Tasche "mehr oder weniger vor die Füße geschoben" habe und dann weggelaufen sei, sagte Polizei-Einsatzleiter Norbert Wagner. Auf dieser Grundlage sei das Phantombild angefertigt worden. Es komme auch in Betracht, dass der Mann die Tasche entdeckt und geöffnet habe und danach weggelaufen sei.

Wagner bestätigte, dass der Inhalt der Tasche "tatsächlich brisant" gewesen sei. Es habe sich um vier Butangas-Kartuschen, ein mit Ammoniumnitrat gefülltes Metallrohr, Batterien und einen Wecker gehandelt. Der Einsatzleiter wies aber einen "FAZ"-Bericht zurück, wonach die Sprengkraft mit dem Anschlag von Madrid am 11. März 2004 vergleichbar wären. Die Sprengkraft hätte weniger als ein Zehntel der Madrider Bomben ausgemacht. Bei den Anschlägen auf vier Pendlerzüge in der spanischen Hauptstadt waren 191 Menschen getötet und mehr als 1800 weitere verletzt worden. Zu der Tat hatten sich radikale Islamisten bekannt.

Zwei Verdächtige, die am Dienstag von der Polizei verhört worden waren, kamen noch am selben Abend wieder frei. Polizeisprecher Thomas Held stellte klar, dass die beiden nicht festgenommen, sondern nur in Gewahrsam genommen worden seien. Es habe einen Hinweis auf sie gegeben, doch der Tatverdacht habe sich nicht bestätigt. "Wir ermitteln weiterhin in alle Richtungen", sagte Held. Bei einem der Freigelassenen handelt es sich um den Somalier Omar D., der von der Polizei der Islamistenszene zugeordnet wird. Der Anwalt von Omar D., Mutlu Günal, kritisierte das Vorgehen der Polizei. "Die Polizei mag mal erklären, woher dieser Tatverdacht kam", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Einfach mal einen Unschuldigen festnehmen, das ist nicht so schön."

BKA warnt vor voreiligen Schlüssen

Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, warnte vor voreiligen Schlüssen. In der ZDF-Sendung Aktenzeichen "XY... ungelöst" sagte Ziercke, man stehe erst am Anfang der Ermittlungen. Die Kölner Polizei ermittle mit großem Nachdruck. Er habe volles Vertrauen in die Beamten. Spekulationen seien verfrüht. "Auch die allgemeine Terrorgefahrensituation hat sich nicht verändert", sagte Ziercke am Mittwochabend. Er fügte hinzu: "Ruhe bewahren und Aufmerksamkeit ist angesagt."

Das Bundesinnenministerium geht in einer internen Analyse vor einem besonderen Anschlagsrisiko für Weihnachtsmärkte aus. Das berichtet die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf eine "Gefährdungseinschätzung" des Ministeriums. Allerdings werden Weihnachtsmärkte alljährlich zu den so genannten weichen, schwer zu schützenden Zielen gezählt.

Gepäckstück in Essen sorgt kurzzeitig für Aufregung

Unterdessen hatte am Mittwochabend eine verdächtige Sporttasche den Bahnverkehr in Essen komplett lahmgelegt. Der Hauptbahnhof der Ruhrgebietsstadt wurde gesperrt, nachdem das "herrenlose" Gepäckstück auf einem Bahnsteig entdeckt worden war. Nach bangen Stunden stand aber fest: Der Inhalt der grünen Sporttasche war harmlos.

Darin enthalten waren unter anderem Kleidung, eine Schere und Plastikstifte, wie eine Sprecherin der Essener Polizei in der Nacht zum Donnerstag mitteilte. Ein Bundespolizeisprecher Volker Stall sagte, man habe die Tasche um kurz nach 20.30 Uhr mit einem Wassergewehr aufgeschossen. "Das ist analog, wie es in Bonn war", sagte Stall. Die Essener Polizei sucht nun nach dem Besitzer der Tasche. Ihm drohe unter Umständen eine Anzeige wegen Vortäuschung einer Straftat, sagte eine Sprecherin. Die Gleise vier bis sechs seien bis zum späten Abend gesperrt geblieben.

DPA
swd/kmi/lin/DPA/AFP

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