Nach den tödlichen Schüssen aus einer Maschinenpistole der Polizei auf einen jugendlichen Flüchtling in Dortmund müssen sich ab diesem Dienstag mehrere Polizisten vor dem Landgericht verantworten. Einem der Beamten wird Totschlag vorgeworfen.
Bereits im Februar hatte die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Der stern sprach seinerzeit mit Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei Hamburg, über den Fall, über das Vorgehen der Beamten und über Defizite bei der Polizei. Anlässlich des Prozessbeginns veröffentlichen wir das Gespräch erneut:
Herr Behr, Sie haben in der Vergangenheit immer wieder unabhängige Stellen zur Untersuchung mutmaßlich rechtswidriger Polizeigewalt gefordert. Zeigt die Anklageerhebung im Dortmunder Fall nicht, dass die existierenden Strukturen ausreichen? Oder ist im August 2022 so viel schiefgelaufen, dass die Staatsanwaltschaft die Fehler der Polizei schlicht nicht mehr übersehen konnte?
Ich sehe einen dritten Weg: Der Fall zeigt, dass es in Dortmund eine Staatsanwaltschaft gibt, die den Verdacht, dass sie sich mit der Polizei gemeinmacht, frühzeitig entkräftet hat, und die gezeigt hat, dass sie unabhängig von allen Beeinflussungen und Sympathien ermittelt – das war für mich ungewöhnlich deutlich.