Hamburger Stadtpark Neun Männer wegen Vergewaltigung einer 15-Jährigen verurteilt

Hamburg: Justizbeamte gehen im Strafjustizgebäude in den Sitzungssaal 300
In Sitzungssaal 300 des Landgerichts wurde der Prozess um die Vergewaltigung einer Jugendlichen in Hamburg verhandelt
© Marcus Brand / DPA
Im September 2020 wird eine 15-Jährige im Hamburger Stadtpark von mehreren jungen Männern vergewaltigt. Nach fast 100 Verhandlungstagen spricht eine Jugendkammer am Landgericht neun Angeklagte schuldig.

Im Prozess um eine Gruppenvergewaltigung im Hamburger Stadtpark hat das Landgericht am Dienstag neun junge Männer zu Haftstrafen verurteilt. Ein zehnter Angeklagter wurde freigesprochen. Die Jugendstrafen von ein bis zwei Jahren für acht Angeklagte wurden zur Bewährung oder der sogenannten Vorbewährung ausgesetzt. Nur ein 19-Jähriger bekam eine härtere Strafe, und zwar zwei Jahre und neun Monate Haft ohne Bewährung. Ein elfter Angeklagter war bereits am 5. April dieses Jahres freigesprochen worden.

Die Verurteilten im Alter zwischen 19 und 23 Jahren vergewaltigten nach Überzeugung des Gerichts im September 2020 eine damals 15-Jährige. Die Jugendliche hatte am Abend eine Party auf der Festwiese des Stadtparks besucht. In der Corona-Zeit hatte sich die Grünanlage zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt. Die Nebenklägerin sei mit mindestens 1,6 Promille alkoholisiert gewesen, erklärte die vorsitzende Richterin. Zunächst hätten vier der Angeklagten die Jugendliche in ein Gebüsch geführt und gegen den erkennbaren Willen der 15-Jährigen sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen. Einer von ihnen stahl ihr dabei das Handy und das Portemonnaie.

Ein Beschuldigter filmte das Mädchen

Danach hätten zwei andere Angeklagte den verwirrten Zustand des Mädchens ausgenutzt und es ebenfalls vergewaltigt. Als die 15-Jährige erneut über die Festwiese irrte, lief sie einem weiteren jungen Mann in die Arme, der sie missbrauchte. Schließlich gingen die drei übrigen Angeklagten mit der Jugendlichen in ein Gebüsch. Allerdings sei nicht sicher, dass alle drei sie vergewaltigt hätten. Darum sprach das Gericht einen 23-Jährigen frei. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Nach Angaben des Landgerichts handelte es sich um eine Vergewaltigung teils unter Ausnutzung einer hilflosen Lage, wobei Drohungen oder Gewaltanwendung nicht feststellbar waren. Demnach zeigte das Opfer aufgrund alkoholbedingter "Ausfallerscheinungen" und später im Zuge einer akuten "Belastungsreaktion" zum Teil "paradoxe Verhaltensweisen". Es leistete im späteren Verlauf laut Urteil nicht ausschließbar zumindest auch keinen erkennbaren Widerstand. Die Beschuldigten hätten dies jedoch erkannt und diese Wehrlosigkeit ausgenutzt.

Ein Beschuldigter wurde außerdem wegen der Herstellung jugendpornografischen Inhalte und einer Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen verurteilt. Er hatte während eines Teils der Taten Aufnahmen gemacht.

Verteidiger hatten Freispruch gefordert

Das Gericht entsprach im Wesentlichen der Strafforderung der Staatsanwaltschaft. Die insgesamt 20 Verteidiger hatten für alle Angeklagten Freispruch gefordert. Der Prozess hatte am 10. Mai vergangenen Jahres begonnen. 

Die Vergewaltigung der Jugendlichen erregte in der Hansestadt Entsetzen und größeres Aufsehen. Die Ermittlungen dauerten lange, weil die Täter unbekannt waren und erst später identifiziert wurden. Auch der im Mai vergangenen Jahres begonnene Prozess dauerte mit 68 Verhandlungstagen lange. Laut Gericht war die Beweisaufnahme "komplex", die meisten Feststellungen beruhten am Ende allein auf Indizien wie DNA-Spuren. Unmittelbare Tatzeugen habe es nicht gegeben. 

"Das war ein Mammut-Indizienprozess, bei dem lange nicht klar war, was in der Nacht vom 19. zum 20. September 2020 geschehen war", sagte die Vorsitzende Richterin Anne Meier-Göring.

DPA · AFP
mkb

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