Es ist ein tragischer Fall, in dem das Landgericht Ingolstadt nach einem Jahr voller Verhandlungen nun ein Urteil gefällt hat: Eine 25-jährige Frau soll eine zwei Jahre jüngere Doppelgängerin ermordet haben lassen, um selbst untertauchen zu können. Die Ingolstädterin hatte auch einen Mann beauftragt, ihren Schwager zu töten. Zu der Tat kam es aber nicht. Die Frau wurde dennoch zusätzlich zum Mordschuldspruch wegen versuchter Anstiftung zum Mord verurteilt. Auch ihr Komplize wurde für schuldig erklärt. Beide wurden zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt.
Die Ingolstädterin hatte nach Ansicht der Strafkammer untertauchen wollen und wollte deswegen als tot gelten. Daher soll die 25-Jährige in einem sozialen Netzwerk im Internet nach einer ihr ähnlich sehenden Person gesucht haben, um diese zu töten.
Der Fall war elf Monate lang an 52 Tagen verhandelt worden. "Es handelt sich um eine verstörende Tat", sagte der Vorsitzende Richter Konrad Kliegl. Das Landgericht Ingolstadt stellte für die 25-Jährige auch die besondere Schwere der Schuld fest. Damit kann die Gefängnisstrafe voraussichtlich nicht bereits nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden.
Opfer mit 56 Messerstichen getötet
Das Opfer, eine Beauty-Bloggerin aus der Stadt Eppingen in Baden-Württemberg, war im Sommer 2022 erstochen in einem Auto in Ingolstadt aufgefunden worden. Die Ermittler vermuteten zunächst, es handele sich um die 25 Jahre alte Halterin, Schahraban K. Später stellte sich heraus, dass die gefundene Leiche der Frau nur ähnlich sah und K. noch am Leben war. Die Verdächtige und ein Bekannter wurden später festgenommen.
Die Staatsanwaltschaft warf ihnen vor, im Internet nach einem Opfer gesucht zu haben. K. habe ihren eigenen Tod vortäuschen wollen, um unter einer anderen Identität ein neues Leben beginnen zu können. Dafür habe K. versucht, innerhalb kurzer Zeit 24 Frauen im Internet anzuwerben. Alle sollen ihr ähnlich gesehen haben – daher der Name Doppelgängerinnen-Fall.
K. und ihr Komplize sollen das Opfer unter einem Vorwand in Eppingen abgeholt haben. Der Mord ereignete sich demnach in einem Waldstück, wo K.s Bekannter die 23-Jährige mit 56 Messerstichen tötete.
Angeklagte aus Ingolstadt eine "perfide Planerin ohne Gnade"
Das Motiv: Die Angeklagte habe aus ihrer strengen jesidischen Familie ausbrechen wollen. Wie der "Spiegel" berichtete, stammten ihre Eltern aus dem Nordirak – genau wie der Mann, den K. nach jesidischem Ritual heiratete. Die Trennung von ihrem Ehemann habe sie massiv unter Druck gesetzt. Ein Versöhnungstreffen der Familien sei gescheitert. K. habe daraufhin untertauchen und ein neues Leben anfangen wollen.
Vor der Tat habe sie angekündigt, "bald weg und frei" zu sein und "kranke Sachen" zu machen. Zudem habe sie einen Koffer gepackt; Reisedokumente inklusive. Die Staatsanwaltschaft beschrieb die 25-Jährige als "perfide Planerin ohne jede Gnade". Vor Gericht beteuerte sie allerdings, bei dem Mord anwesend gewesen zu sein, ihn aber nicht gewollt zu haben. Zudem hätte sie versucht, ihren Bekannten davon abzuhalten, die 23-Jährige zu töten. Ihr Komplize schwieg zu der Tat.
Die Verteidiger hatten einen Freispruch vom Mordvorwurf verlangt. Sie sehen den Fall nicht als aufgeklärt an.
Der Doppelgänger-Fall zog nicht nur Medienvertreter nach Ingolstadt. Wie der Bayerischer Rundfunk berichtete, reisten auch Streaming-Anbieter wie Netflix an.