Aussage zu allen Anklagepunkten Zschäpe und die überraschende Wende im NSU-Prozess

Im NSU-Prozess kündigt sich die große Wende an: In dieser Woche will der Anwalt der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe eine umfassende Aussage seiner Mandantin verlesen - zu allen Anklagepunkten.

Beate Zschäpe will in ihrer mit Spannung erwarteten Aussage im NSU-Prozess zu allen Anklagepunkten Stellung beziehen. Dies kündigte ihr Verteidiger Mathias Grasel am Montag im Bayerischen Rundfunk an. Er werde im Namen seiner Mandantin eine umfangreiche Erklärung verlesen. "Diese Erklärung wird sich mit allen angeklagten Punkten beschäftigen, und wir werden da auf jeden einzelnen Punkt eingehen", sagte Grasel dem Sender.

Konkret werde es darum gehen, was Zschäpe gewusst habe und worin sie involviert gewesen sei, erklärte der Verteidiger. Die Verlesung werde zwischen einer und eineinhalb Stunden dauern. Im Anschluss daran bekomme das Gericht die Möglichkeit, Fragen zu stellen, die aber voraussichtlich nicht von Zschäpe selbst, sondern von ihm und seinem Kollegen Herrmann Borchert beantwortet werden würden.

War Zschäpe an den Tatorten?

Grasel rechtfertigte die von Zschäpes ursprünglichen drei Pflichtverteidigern abgelehnten Aussage der mutmaßlichen Rechtsterroristin mit der Überzeugung, dass "Schweigen hier nicht mehr die richtige Strategie ist, sondern dringend eine Erklärung geboten ist". "Das entspricht im Übrigen auch dem ursprünglichen Wunsch von Frau Zschäpe, der bereits seit Ihrer Verhaftung im März 2011 so existierte", sagte der Verteidiger weiter.

Zschäpe ist der Mittäterschaft an allen zehn Morden angeklagt, die dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) zur Last gelegt werden. Bisher gibt es keine Erkenntnisse, dass sie an einem der Tatorte der Morde war. Die Ermittler gehen davon aus, dass die 2011 mutmaßlich durch Suizid ums Leben gekommenen NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die Morde verübt haben.

Zschäpe hielt bürgerliche Fassade aufrecht

Zschäpe ist als Mittäterin angeklagt, weil sie durch das Aufrechterhalten einer bürgerlichen Fassade das Leben im Untergrund des NSU-Trios ermöglicht haben soll. Laut Anklage soll sie außerdem 2011 das letzte Versteck des Trios in Brand gesetzt und damit eine schwere Brandstiftung verübt haben.

Der NSU-Prozess wird am Dienstag fortgesetzt. Ob die Erklärung bereits dann oder erst an den beiden in dieser Woche folgenden Verhandlungstagen am Mittwoch und Donnerstag verlesen wird, ist bislang noch offen.

AFP
tis

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