NSU-Prozess Zschäpe kritisiert Verhandlungsführung ihrer Anwälte

Beate Zschäpe hat kein Vertrauen mehr in das Verhandlungsgeschick ihrer Pflichtverteidiger. Einem Medienbericht zufolge ist die Hauptangeklagte im NSU-Prozess unzufrieden mit deren Strategie.

Die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe ist einem Medienbericht zufolge unzufrieden mit der Verhandlungsführung ihrer Pflichtverteidiger. Dies gehe aus einer schriftlichen Erklärung Zschäpes hervor, in der diese ihren Antrag auf einen Verteidigerwechsel begründete, berichtete das Magazin "Focus". Darin kritisiere die 39-Jährige demnach ihre Anwälte Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm in mehreren Punkten. Von einem grundsätzlichen Streit über ihr Aussageverhalten sei in dem Papier jedoch nicht die Rede.

Der Berliner "Tagesspiegel" berichtete unter Berufung auf unbestätigte Informationen von Münchner Justizkreisen, dass ein Anwalt Zschäpe geholfen habe, die Stellungnahme zu formulieren. Mutmaßlich sei bei Zschäpe psychische Erschöpfung der Anlass gewesen, um ihren Verteidigern das Vertrauen zu entziehen.

Die Sprecherin des Oberlandesgerichts Mümchen Andrea Titz sagte, der Prozess werde "nach derzeitiger Planung" am kommenden Dienstag fortgesetzt. Am nächsten Verhandlungstag werde eines der Themen das Feuer sein, mit dem Zschäpe nach dem Auffliegen des NSU-Trios die Fluchtwohnung in Zwickau zerstört haben soll, so Titz. Sie habe dabei den Tod ihrer damals 89 Jahre alten Nachbarin "billigend in Kauf genommen", heißt es in der Anklage.

Will Zschäpe aussagen?

Zschäpe hatte am Mittwoch überraschend erklärt, ihren drei Pflichtverteidigern nicht mehr zu vertrauen. Eine Entbindung ist aber nicht ohne Weiteres möglich, ein Angeklagter muss genaue Gründe darlegen, warum das Vertrauensverhältnis so gestört sein soll, dass keine Zusammenarbeit mehr möglich ist. Der Vorsitzende Richter im NSU-Prozess am Oberlandesgericht in München hatte die Frist zur Abgabe dieses Antrags von Donnerstag auf Freitag, 24 Uhr, verlängert.

Prozessbeobachter hatten spekuliert, Zschäpe wolle sich gegen den Rat ihrer Anwälte nun doch zu den Anklagevorwürfen äußern. Zschäpe soll mit den 2011 durch Suizid ums Leben gekommenen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die rechtsextreme Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) gebildet haben. Dieser werden unter anderem zehn Morde und zwei Bombenanschläge angelastet, das Tatmotiv soll Ausländerhass gewesen sein.

Der Nebenkläger-Anwalt Mehmet Daimagüler forderte Zschäpe auf, ihr Schweigen zu brechen. "Ich hoffe und rechne auch damit, dass sie aussagt", sagte er der "Mitteldeutschen Zeitung" vom Samstag. "Denn so kann es ja nicht weiter gehen." Natürlich könne Zschäpe schweigen, sagte Daimagüler der Zeitung. "Aber dann wird sie auf jeden Fall verurteilt und kriegt auch noch die besondere Schwere der Schuld hinterher, vielleicht sogar eine Sicherungsverwahrung." Je länger Zschäpe warte, desto unwahrscheinlicher werde es, dass sich eine Aussage strafmildernd auswirke.

DPA
ono/AFP/DPA

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