Die Berliner Polizei ermittelt gegen einen Beamten aus den eigenen Reihen, der bei einem Einsatz offenkundig eine Frau rassistisch beschimpft hat. Inzwischen kursiert in den sozialen Netzwerken ein Video, das nach Auskunft der Polizei die in Rede stehende Situation abbildet.
Die Sequenzen zeigen einen kleinen Teil des Einsatzes in einer Wohnung einer Familie im Berliner Bezirk Lichtenberg am Morgen des 9. September. Nachdem die beiden beteiligten Beamten einen Mann zu Boden gebracht und ihm Handschellen angelegt haben, sitzt dieser mit auf dem Rücken gefesselten Händen auf einem Bett.
"Rassismus bei der Polizei Berlin"
Es entwickelt sich ein Wortgefecht mit der Ehefrau des Mannes, die die Szene beobachtet hat. "Geh raus!", sagt einer der Beamten zu der Frau. Diese erwidert: "Das ist mein Haus." Darauf entgegnet der Polizist, auch in Gegenwart seines Kollegen: "Das ist mein Land und du bist hier Gast." Auch der überwältigte Mann schaltet sich ein: "Das ist mein Haus, das ist nicht dein Land." Im weiteren Verlauf herrscht der Polizist die Frau an: "Halt die Fresse, fass mich nicht noch mal an!" Anschließend wendet er sich an den Verhafteten: "Deine Frau hat nicht so mit mir zu sprechen. Du bist hier in unserem Land, nach unseren Gesetzen habt ihr euch zu verhalten!" Der Beamte droht im weiteren Verlauf der Frau: "Ich bringe dich ins Gefängnis, ich bringe dich ins Gefängnis." Mindestens zwei offensichtlich verängstigte Kinder des Paares sind Zeugen der Situation. Eines von ihnen hielt dabei zwischenzeitlich die Kamera.
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"Rassismus bei der Polizei Berlin", kommentierte Ferat Koçak, Linken-Politiker und Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, die Äußerungen des Polizeibeamten. Auch andere Nutzerinnen und Nutzer der sozialen Netzwerke zeigen sich empört. Der bekannte Berliner Kriminalhauptkommissar Oliver von Dobrowolski, der sich seit langem für eine andere Fehlerkultur bei der Polizei und gegen rechtswidrige Polizeigewalt einsetzt, forderte "deutliche und unmittelbare Konsequenzen" für den Beamten. "Denn ab von der Vorgeschichte der Aufnahme geht so etwas gar nicht." (Lesen Sie hier ein stern-Porträt über von Dorbrowolski.)
Berliner Polizei ermittelt gegen Beamten – und das Ehepaar
Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt inzwischen zu dem Vorfall, teilte die Behörde am Dienstag mit. Es gehe um den Verdacht der "fremdenfeindlichen Beleidigung", heißt in einer Mitteilung. Zudem liefen Ermittlungen wegen Körperverletzung im Amt, weil der Mann bei dem Einsatz am Arm verletzt worden sein will. Die Eheleute sollen kurz nach dem Vorfall Anzeige erstattet und das Video vorgelegt haben. Die Aufnahme aus der Wohnung sei für die Ermittlungen gesichert worden, sagte ein Sprecher der Polizei am Mittwoch auf stern-Anfrage.
Bei dem Einsatz in der Wohnung sei es um die Vollstreckung eines Haftbefehls gegen den 30-jährigen Mann gegangen, weil dieser eine Geldbuße von 750 Euro wegen des "Erschleichens von Leistungen" nicht beglichen habe. Diese sei im Verlauf des Einsatzes gezahlt worden, der Haftbefehl sei damit hinfällig geworden. Zudem wollten die Beamten laut Polizei eine Gefährderansprache mit der 28-jährigen Ehefrau führen. Details dazu konnte ein Sprecher auf Anfrage nicht nennen. Gegen das Ehepaar laufen den Angaben zufolge jetzt ebenfalls Ermittlungen: wegen Widerstands, tätlichen Angriffs und versuchter Gefangenenbefreiung.
Der Polizist, dem die rassistischen Aussagen vorgeworfen werden, sei noch im Dienst, erklärte die Polizei im Gespräch mit dem stern. "Bis zum Abschluss der Strafermittlungen ruhen disziplinarrechtliche Maßnahmen." Der Sprecher äußerte sich jedoch deutlich: "Ein solches Verhalten ist mit den ethischen und Moralvorstellungen und dem Leitbild der Berliner Polizei nicht vereinbar und wird nicht nicht geduldet."
Quellen: Polizei Berlin, Ferat Koçak bei Twitter, Oliver von Dobrowolski bei Twitter, Version des Videos