Ein Kind als Mörder? Nachdem am Dienstag im niedersächsischen Salzgitter ein 15-jähriges Mädchen tot in einer Grünanlage entdeckt wurde, hat die Polizei einen Verdacht: Ein Jugendlicher (14 Jahre alt) und ein Kind (13) sollen die Teenagerin ermordet haben (der stern berichtete).
Der ältere der beiden wurde festgenommen. Das Amtsgericht Braunschweig hat am Donnerstag entschieden, dass er wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft kommt. Sollte sich der Verdacht erhärten, muss er sich vor der Jugendkammer verantworten und mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren rechnen.
Jugendamt Salzgitter wurde informiert
Anders sieht es bei dem 13-jährigen Jungen aus. Er wurde nicht inhaftiert, obwohl auch ihm Mord vorgeworfen wird. Der Grund ist einfach: Bis zum 14. Geburtstag gelten Kinder in Deutschland als nicht strafmündig. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Kinder Unrecht noch nicht vollumfänglich einsehen und ihr Verhalten daher auch nicht entsprechend steuern können. Das Strafgesetzbuch regelt unmissverständlich: "Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch nicht vierzehn Jahre alt ist." Und ohne Schuld keine Strafe. Der Verdächtige aus Salzgitter muss also nicht ins Gefängnis. Was aber dann? Welche Konsequenzen müssen Kinder tragen, die ein Kapitalverbrechen begangen haben?
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Allen Eltern graust es vor ihr: die Trotzphase. Das Kind schmeißt sich auf den Boden, bockt rum, lässt sich einfach nicht überzeugen. Einfach nur Nerven aufreibend und manchmal auch irgendwie peinlich. Die Autorinnen helfen durch diese Phasen. Und zwar, indem sie zeigen, dass keine Eltern mit der Trotzphase allein sind. Witzige Erfahrungsberichte und praktische Tipps helfen, wenn man selbst nicht mehr weiter weiß.
Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft hat das zuständige Jugendamt Salzgitter über den Verdacht gegen das Kind informiert. "Welche Maßnahmen von dort getroffen worden sind bzw. getroffen werden, ist hier nicht bekannt", erklärte Staatsanwalt Hans Christian Wolters. Heißt: Das Jugendamt prüft zum Beispiel, wie es zu der Straftat kommen konnte oder ob die Familie Unterstützung bei der Erziehung benötigt. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob das Wohl des Kindes gefährdet ist. Letztendlich leitet das Jugendamt die weiteren Schritte ein: Sie können laut Sozialgesetzbuch von einer Hilfe bei der Erziehung für die Eltern über eine individuelle sozialpädagogische Betreuung bis hin zu einer Unterbringung in einem Heim oder bei einer Pflegefamilie reichen. Jedoch gilt laut Salzgitters Jugenddezernent Dirk Hädrich: Sofern eine Inobhutnahme in Betracht komme, sei die Zustimmung der Eltern oder eine Entscheidung des Familiengerichts über die elterliche Sorge notwendig. "Eine Zwangsunterbringung ist nur durch familiengerichtlichen Beschluss zulässig", sagte er der Nachrichtenagentur DPA. Die Hände gebunden sind dem Staat bei Kindern, die Verbrechen begehen, also nicht.
Außerdem gilt: Die Angehörigen der getöteten 15-Jährigen können außerdem unter Umständen Schmerzensgeld geltend machen – dies wäre dann von den Eltern des 13-Jährigen zu zahlen.
Kinder als Verdächtige sind Ausnahme
Die Diskussion um eine Absenkung der Strafmündigkeit von 14 auf zwölf Jahre wird in Deutschland immer wieder geführt, zuletzt im größeren Stil nach der Gruppenvergewaltigung von Mülheim 2019. Doch entsprechende Bestrebungen verliefen im Sande – wohl auch weil es sich bei schweren Straftaten von Kindern um absolute Ausnahmefälle handelt.
So registrierten die Sicherheitsbehörden im vergangenen Jahr insgesamt 3519 Personen, die Straftaten gegen das Leben begangen haben soll. Unter ihnen waren 19 Kinder unter 14 Jahren. Das entspricht einer Quote von 0,5 Prozent. Am häufigsten gerieten Kinder bei Diebstahlsdelikten unter Verdacht
Quellen: Staatsanwaltschaft Braunschweig, Strafgesetzbuch, Sozialgesetzbuch, Polizeiliche Kriminalitätsstatistik 2021, Nachrichtenagentur DPA