Großbritannien Gericht setzt Abschiebung aus, weil Kind nur bestimmtes Essen mag

Abschiebung wegen Chicken Nuggets ausgesetzt
Chicken Nuggets waren ein entscheidender Faktor, der die Abschiebung eines Albaners in Großbritannien verhinderte
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Die ausgesetzte Abschiebung eines Albaners sorgt in Großbritannien für Diskussionen. Die Essensvorlieben seines Sohnes spielten bei der Gerichtsentscheidung eine große Rolle.

Eigentlich sollte ein gebürtiger Albaner aus Großbritannien abgeschoben werden. Klavis D. kam als Kind auf die Insel, ist mittlerweile mit einer Britin verheiratet und erhielt auch die britische Staatsangehörigkeit. Vor einigen Jahren wurde er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, auch seinen britischen Pass soll er durch Betrug bekommen haben. Seine Staatsbürgerschaft wurde ihm deshalb wieder aberkannt. Nun sollte der 39-Jährige nach dem Willen der britischen Behörden in seine Heimat zurückkehren.

Doch ein Gericht hat die Abschiebung bis auf Weiteres ausgesetzt. Zwar sei dem Mann die Abschiebung zumutbar, er spreche Albanisch und habe auch Familie in seinem Heimatland. Doch für den zehnjährigen Sohn, eines von zwei Kindern, erachtete das Gericht eine Abschiebung als "unzumutbare Härte". Die Anwälte der Familie argumentierten, dass der Junge nur ganz bestimmte Lebensmittel esse und auch bei Kleidung extrem sensibel sei.

Junge isst Chicken Nuggets im Ausland nicht

Laut Gerichtsdokumenten beschrieb die Mutter des Jungen vor Gericht einige "sensorische Schwierigkeiten", unter denen ihr Sohn leide. Diese sollen insbesondere Socken und Nahrungsmittel betreffen. In solchen Fällen würde der Junge "sich weigern, irgendetwas zu tun". "Er wird die Sorte von Chicken Nuggets, die im Ausland verfügbar sind, nicht essen", führte die Mutter weiter aus.  

Denkbar ist, dass der Zehnjährige an der Krankheit ARFID leidet, einer psychischen Erkrankung, von der Schätzungen zufolge zwischen 0,5 und 5 Prozent der Bevölkerung betroffen sind. Betroffene Kinder akzeptieren dann nur ganz bestimmte Nahrungsmittel. Eine offizielle Diagnose liegt dem Gericht jedoch nicht vor. Es sei lediglich bekannt, dass der Junge "besondere Bedürfnisse" habe und in der Schule speziell gefördert werde. Er habe Schwierigkeiten, seine Emotionen zu regulieren und auszudrücken. Dem Gericht reichte das, um die Abschiebung auch für den Vater vorerst auszusetzen.

Abgeschlossen ist der Fall damit noch nicht: In der nächsthöheren Instanz wurde das Urteil wieder kassiert. Abgeschoben wird dennoch nicht, der Fall soll in der niedrigeren Instanz mit einem anderen Richter noch einmal verhandelt werden. Die Chicken Nuggets seien das einzige genannte Beispiel gewesen – und dieses sei "nicht annähernd so hart", dass man von "unverhältnismäßig" sprechen könne, hieß es in der Berufungsentscheidung. Damit könne höchstens begründet werden, warum der Junge nicht abgeschoben werden solle. Für seinen Vater gelte das aber nicht.

Politik forciert Abschiebungen aus Großbritannien

Auch Premierminister Keir Starmer hat die ursprüngliche Entscheidung des Gerichts kritisiert. Laut einer Sprecherin unterstütze er die Berufung durch das Innenministerium. Angela Eagle, Ministerin für Grenzsicherheit und Asyl, sagte, es seien schon viele Menschen abgeschoben worden, unabhängig davon, "ob sie Chicken Nuggets mögen oder nicht".

In Großbritannien wird die Migrationspolitik ähnlich kontrovers diskutiert wie in Deutschland. Durch den Brexit sollten die Migrationszahlen sinken. Eingetreten ist jedoch eher das Gegenteil. Die seit Sommer regierende Labour-Partei von Starmer hat einen "umfassenden Plan" zum Umgang mit der Migration angekündigt. Seit der Wahl seien rund 19.000 Menschen in Länder in Afrika, Asien, Europa und Südamerika zurückgeschickt worden, teilte das Innenministerium mit. Dazu gehörten die vier größten Abschiebeflüge in der Geschichte des Landes.

epp

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