Abschiebungen nach Syrien Außenminister Wadephul stellt sich erneut gegen den Kanzler

Johann Wadephul hält ein Mikrofon und schaut in die Kamera
Der Auftritt von Johann Wadephul sorgt für erneute Diskussion innerhalb der Union
© IMAGO/dts Nachrichtenagentur / Imago Images
Johann Wadephul bleibt dabei: Kurzfristig seien Abschiebungen nach Syrien nicht im großen Stil möglich. Aus der Union kommt sofort Widerspruch.

Johann Wadephul kann offenbar nicht anders. Die humanitäre Lage in Syrien scheint dem Außenminister ein inneres Anliegen zu sein. Noch einmal äußert er sich an diesem Mittwoch ausführlich zum Streit um mögliche Abschiebungen dorthin. 

Er bleibe bei seiner Haltung, sagte der Unionsmann, dass eine Rückkehr nach Syrien "kurzfristig nur sehr eingeschränkt möglich" sei. Das sei die "nüchterne Analyse" von vor Ort. Und es sei "das Mindeste", was man dazu sagen müsse, sagte Wadephul.

Wadephul legt im Streit um Abschiebungen nach Syrien nach

Wadephul berichtet auf dem Wirtschaftsgipfel der "Süddeutschen Zeitung" in Berlin von seinem Besuch in dem Land. Er sei durch ein "völlig zerstörtes Damaskus gefahren". Es gebe dort keine Elektrizität, kein Wasser, kein Abwasser. Wer das anders sehe, müsse Fakten liefern. "Aber es ist, wie es ist!", betont Wadephul.

In der Union sorgen die Äußerungen erneut für Kritik. Besonders innerhalb der CSU, die den Bundesinnenminister stellt, ist der Ärger groß. Schließlich hatte Bundeskanzler Friedrich Merz nach ersten Äußerungen von Wadephul bei seinem Besuch in Syrien Ende Oktober schon einmal ein Machtwort gesprochen: Es gebe "keinerlei Gründe für Asyl" mehr für Syrer in Deutschland, da der Bürgerkrieg vorbei sei, hatte Merz gesagt.

Wadephul setzt nun wieder ganz andere Akzente als der eigene Kanzler. Seine Aussagen sind auch deshalb politisch heikel, weil die Lageeinschätzungen des Auswärtigen Amtes mitentscheidend für Abschiebungen in ein Land sind.

Der für Inneres und Justiz zuständige Vizechef der Unionsfraktion, Günter Krings, betonte gegenüber dem stern, es gebe noch Hürden, die man aus dem Weg räumen müsse, damit Menschen aus Syrien bald in größerem Umfang in ihre Heimat zurückführen können. Damit habe Wadephul recht. Krings mahnte jedoch: "Ich gehe davon aus, dass alle zuständigen Ministerien der Bundesregierung genau daran jeden Tag arbeiten."

Das Auswärtige Amt müsse jetzt erklären, dass Abschiebungen möglich seien: "Umso wichtiger ist es für die anstehenden Verfahren, dass das Auswärtige Amt klarstellt, dass der Zerstörungsgrad eines Landes nicht darüber entscheiden kann, ob dorthin Abschiebungen erfolgen können." In Wahrheit würden die nach Syrien zurückkehrenden Menschen gebraucht, um das Land wieder aufzubauen, erklärte der Unionsmann. 

Die Lage in Syrien habe sich grundlegend geändert. Es sei für ihn selbstverständlich, dass man "nach Ende des Krieges" dorthin zurückkehre. Krings forderte: "Diejenigen Syrer, die es in der Zwischenzeit nicht geschafft haben, bei uns ihren eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten, müssen sich daher jetzt darauf einstellen, alsbald in ihre Heimat zurückzukehren."

Außenminister Wadephul sorgt damit ein weiteres Mal für Misstöne innerhalb der Union. Nach einer Fraktionssitzung Anfang November hatte es heftige Kritik und sogar Rücktrittsgerüchte über Wadephul gegeben. "Ich bin kein Weichei", sagte Wadephul damals in der internen Sitzung. Er habe in seiner Zeit als Politiker viel gesehen, um die Lage in Syrien einordnen zu können. "Ich habe das bewusst gesagt und nichts zurückzunehmen."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Dabei bleibt Wadephul. Und wird diesmal noch deutlicher.

Der Außenminister wünscht sich eine gänzlich andere Debatte über die Menschen aus Syrien, die in Deutschland leben. "Mein Zahnarzt und auch mein Hausarzt kommen aus Syrien", sagte Wadephul bei der Veranstaltung am Mittwoch. Diese Menschen gehörten zu Deutschland. "Das muss man auch mal sagen."

Wadephul ergänzte, er habe als Bundesminister einen Eid geschworen. "Und da habe ich meine eigene Agenda."

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