Anschlag auf internationale Hilfsgruppe Deutsches Opfer kam aus Sachsen

Sie waren nach Afghanistan gekommen, um Bedürftigen zu helfen: Zehn Mitarbeiter einer christlichen Hilfsorganisation. Auch eine junge Frau aus Sachsen gehörte dazu. In einer Bergregion wurden sie brutal ermordet. Die Welt ist entsetzt und fordert die Bestrafung der Täter.

Bei dem bislang schwersten Angriff auf ausländische Helfer in Afghanistan sind zehn Menschen getötet worden - unter ihnen eine 35-jährige Deutsche. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte am Sonntagabend, dass die Getötete aus Sachsen stammt. Sie war mit sechs Amerikanern, einer Britin und drei Afghanen in einem Augenarztteam der christlichen Hilfsorganisation International Assistance Mission (IAM) unterwegs, um notleidende Afghanen zu behandeln, als sie vermutlich von Taliban überfallen wurden. Nur ein Afghane überlebte. Weltweit löste die Tat Betroffenheit aus.

US-Außenministerin Hillary Clinton verurteilte diesen "sinnlosen Akt" aufs Schärfste. Die Opfer seien nur "in diesen abgelegenen Teil der Welt gereist, um bedürftigen Menschen zu helfen". Sie sei untröstlich angesichts des Verlusts "dieser heldenhaften und großzügigen" Leute. "Wir verurteilen auch den durchsichtigen Versuch der Taliban, das Unentschuldbare mit falschen Behauptungen über ihre Aktivitäten in Afghanistan zu rechtfertigen", erklärte Clinton am Sonntagabend in Washington.    

Die Bundesregierung sprach ebenfalls von einem "feigen Mord" und forderte die Bestrafung der Täter. Der französische Außenminister Bernard Kouchner nannte die Ermordung der Helfer einen "ganz besonders feigen und grausamen Akt". Er zeuge von einer tiefen Missachtung menschlichen Lebens.

Die Taliban hatten sich zu der Tat bekannt und die Helfer als "christliche Missionare" bezeichnet, die spioniert und Bibeln verteilt hätten. Die Hilfsorganisation wies die Beschuldigungen zurück. Zugleich kündigte die IAM an, ihre Arbeit in Afghanistan fortsetzen zu wollen.

Unter den amerikanischen Opfern ist ebenfalls eine Frau. Die Leichen der in einem entlegenen Berggebiet im Nordosten Afghanistans getöteten Helfer wurden am Sonntag per Hubschrauber nach Kabul gebracht und dort von Fachleuten identifiziert. Die Opfer waren nach Angaben der Polizei am Donnerstag im Grenzgebiet zwischen der gefährlichen Provinz Nuristan und der ruhigeren Provinz Badachschan getötet worden. Ein afghanischer IAM-Mitarbeiter überlebte die Bluttat. Seinen Angaben zufolge rezitierte er aus dem Koran, um den Tätern zu zeigen, dass er Moslem ist.

Wie Badachschans Vizegouverneur Schams-ul-Rahman Schams der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag sagte, wurden die Opfer ausgeraubt. "All ihr Besitz wurde gestohlen." Sollte das zutreffen, würde das eher auf Straßenräuber denn auf Aufständische als Täter hindeuten. Allerdings hatte die Polizei am Samstag mitgeteilt, die Toten seien neben ihren Geländewagen gefunden worden - die also nicht entwendet worden waren. In der Region agieren sowohl die Taliban als auch kriminelle Banden - manchmal arbeiten beide Seiten zusammen.

IAM-Direktor Dirk Frans nannte es "hochgradig unwahrscheinlich", dass sich IAM aus Afghanistan zurückzieht. "Wir sind seit mehr als 44 Jahren hier." Die deutsche Christoffel-Blindenmission, die mit IAM zusammenarbeitet, will ihre Projekte in dem Land aber zunächst aussetzen.

Nach Informationen der "Bild"-Zeitung (Montag) kommt das deutsche Opfer aus Chemnitz. Die "Bild am Sonntag" hatte berichtet, das sie als Dolmetscherin gearbeitet habe. Bei der getöteten Britin handelt es sich nach BBC- Informationen um die Ärztin Karen Woo. Geleitet wurde die Gruppe vom amerikanischen Arzt Tom Little. Er sei sehr erfahren gewesen und habe seit mehr als drei Jahrzehnten in Afghanistan gearbeitet.

Die Provinz Nuristan grenzt im Osten an Pakistan an und gilt in weiten Teilen als unsicher. Nördlich von Nuristan liegt die verhältnismäßig ruhige Provinz Badachschan. Badachschan gehört zum Verantwortungsbereich der Bundeswehr in Nordafghanistan. Nuristan ist Teil des amerikanisch geführten Regionalkommandos Ost der Internationalen Schutztruppe ISAF.

DPA
DPA

PRODUKTE & TIPPS