Gentest US-Polizist lässt sich auf ethnische Herkunft testen – dann bricht ein irrwitziger Rechtsstreit aus

"Black lives matter" auf einem Protestplakat
"Black lives matter" ist der Wahlspruch jener US-Bürgerrechtler, die die systematische Polizei Gewalt gegen Schwarze anprangern
© Robert Petersen / DPA
Der Cop Cleon Brown ist ein Veteran seiner Truppe, ist allseits von Kollegen respektiert. Doch nach einem Gentest bricht in seinem US-Revier ein bizarrer Streit um Rassismus aus. Beide Seiten widersprechen sich massiv.

Der Zweifel nagte an Cleon Brown schon länger. Vor 19 Jahren diagnostizierten die Ärzte bei seiner kleinen Tochter eine Krankheit, die überdurchschnittlich oft bei Afro-Amerikanern auftaucht. Sergeant Cleon Brown sieht wie ein typischer US-Cop aus, der Dienst in Hastings, Michigan schiebt.

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Der Polizist hinterfragte die Befunde der Ärzte damals nicht weiter. Überhaupt habe ihm sein Vater in der Kindheit erzählt, dass in seiner Familie zumindest etwas Blut der Blackfoot-Indianer fließt, erinnert sich der Polizist in einem Gespräch mit Reportern der "New York Times". Von Vorfahren, die einst als Sklaven nach Amerika verschifft wurden, war nie die Rede.

Sein Vater habe allerdings etwas braunere Haut gehabt. Auch sein Haupthaar sei kraus gewesen. Im Jahr 2016 war Browns Unsicherheit über seine Herkunft dann so groß, dass er sein Erbgut über die Webseite Ancestry.com untersuchen ließ. Das Ergebnis: Er ist zu 18 Prozent mit den Ethnien aus der Subsahara verwandt. Von Indianer-Stämmen fehlte in seiner DNS jede Spur.

Cleon Brown soll Ziel von Rassimus geworden sein

Im ersten Moment habe er stolz seinen Kollegen von dem Ergebnis berichtet, erzählt der Cop der "New York Times". Doch was dann geschah, geht in den Schilderungen aller Beteiligten weit auseinander.

Folgt man der Erzählung des Cops, haben sein Kollegen ihn gemobbt und rassistisch beleidigt. Cleon Brown ist ein Veteran in seinem Revier. Seit 20 Jahren ist er bei der Truppe, war allgemein dort hoch angesehen. Rassistische Witze von Kollegen habe er all die Jahre nie gehört. Dann sei die Stimmung aber umgeschlagen: Kollegen hätten die Fäuste geballt und ihm "Black Lives Matter" zugezischt, sobald sie sich auf den Gängen begegneten, sagte Brown dem Nachrichtensender CNN. Sein Chef habe ihm den Spitznamen Kunta verpasst – eine Figur aus dem Sklaven-Roman "Roots".

Das Fass zum Überlaufen brachte nach Angaben von Brown dann ein Weihnachtsgeschenk im Dezember 2016. In seinem Spint fand er einen schwarzen Nikolaus. Auf den Bart hatte jemand "18%" gekritzelt. Brown verklagte die Stadt Hastings und seinen Vorgesetzten im Mai 2017 auf 500.000 US-Dollar Schmerzensgeld. Den Rassismus habe er gründlich satt, sagte er damals US-Medien.

Brown soll selber derbe Witze erzählt haben

Die Stadt Hastings wollte diese Vorwürfe nie so stehen lassen. Besonders Browns Kollegen widersprechen dessen Darstellungen. Er sei es gewesen, der wegen seiner Verwandtschaft mit Afro-Amerikanern vom Leder gezogen habe. Er habe Kalauer zum Besten gegeben, dass er nun verstehe, warum er so auf Hühnchen abfahre. Oder dass die 18 Prozent in seiner Hose steckten. Sein Chef soll ihn deshalb mehrmals zu Ordnung gerufen haben, berichtet das Portal Newsweek unter Berufung auf Vertreter der Stadt. Der Nikolaus im Spint sei dagegen ein missglückter Scherz gewesen. Der Kollege habe sich entschuldigt.

Cleon Brown sieht jedenfalls seit 1. August wie ein Gewinner aus: Die Stadt Hastings zahlt ihm 65.000 US-Dollar aus. Der Cop gehört noch bis zum 31. Oktober der Einheit an, ist aber nicht mehr im aktiven Dienst, erklärte ein Vertreter der Stadt dem Stern. Die Stimmung auf Browns Wache dürfte nach dem juristischen Hick-Hack vergiftet sein. Brown will aus der Stadt ziehen und sich woanders nach Jobs umsehen. Seine Verteidigerin geht mit dem Police Department weiterhin hart ins Gericht: Die Leitung hätte mit Vorsatz das Leben des Cops ruiniert.  Der sieht sich als geläutert an: Rassismus unter Polizisten habe er zuvor nie wahrgenommen, doch die Behandlung durch seine Kollegen, hätte ihm die Augen geöffnet.

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