Japans schwächelnde Wirtschaft treffen das verheerende Erdbeben, die zerstörerische Tsunami-Flutwelle und die drohende Atomkatastrophe hart. Dieser Mix dürfte den ohnehin steinigen Weg aus dem Konjunkturtal erschweren. Ökonomen gehen im schlimmsten Fall sogar davon aus, dass die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt wieder in die Rezession zurückfallen könnte.
Der Dämpfer für das Wachstum durch die größte Krise Japans seit dem Zweiten Weltkrieg dürfte stärker sein als beim Erdbeben 1995 in Kobe. Damals brach die Industrieproduktion ein, aber die gesamte Konjunktur blieb solide. Diesmal allerdings belastet der starke Yen die Exporte und die Schulden sind weitaus größer.
Zudem gibt es Probleme mit der Stromversorgung. Auto- und Halbleiterfabriken sowie Raffinerien im Nordosten des Landes sind geschlossen. Beim weltweit größten Autobauer Toyota stehen die Fließbänder in den zwölf japanischen Werken bis Mittwoch still. Das drückt die Produktion um 40.000 Fahrzeuge. "Wir gehen davon aus, dass die japanische Wirtschaft wegen des Erdbebens und des Tsunamis länger als erwartet braucht, um sich aus der Flaute zu befreien", betont Nomura-Analyst Takahide Kiuchi. Er befürchtet auch, dass die Wirtschaft, die Ende 2010 noch schrumpfte, nicht vor dem dritten oder vierten Quartal ihre Schwäche abschüttelt. Ursprünglich hatten Fachleute schon im Frühjahr mit einer Rückkehr zum Wachstum gerechnet.
Sorgen bereitet den Experten vor allem die Energieversorgung. Atomkraftwerke sind vom Netz, und auch in der vom betroffenen Gebiet im Nordosten entfernten Hauptstadt Tokio soll der Strom rationiert werden. "Wenn die Energieproduktion nachhaltig beschädigt ist, könnte das einen langanhaltenden Effekt haben", sagt Michala Marcussen, bei der Bank Societe Generale zuständig für die Weltwirtschaft.
Japans größter Rückhalt - der Export - hat ohnehin schon zu kämpfen: Die Euro-Schuldenkrise sorgt für weniger Nachfrage, der hohe Ölpreis für steigende Kosten und die immer noch wacklige Erholung in den USA für Unsicherheit.
Hinzukommen dürfte nun in der Binnenwirtschaft eine deutliche Zurückhaltung der japanischen Verbraucher. Die Naturkatastrophe hinterlasse ein Trauma. Vielen Japanern drohten zudem geringere Einkommen, sagt Brendan Brown von Mitsubishi UFJ. "Das wird auch die wichtigsten Handelspartner in Asien treffen, einschließlich China und Südkorea."
Die führenden Ratingagenturen Moody's und Standard & Poor's sehen enorme Kosten auf Japan zukommen. Eine finanzpolitische Krise sei aber nicht absehbar. Standard & Poor's hatte die Kreditwürdigkeit Japans wegen der hohen Staatsverschuldung im Januar herabgestuft, Moody's hatte mit einem ähnlichen Schritt gedroht. Einige Experten halten es für möglich, dass die hohen Regierungsausgaben für den Wiederaufbau der japanischen Wirtschaft aus ihrem Tief helfen könnten. "Die Frage ist: Können sie damit letztlich die Deflations-Spirale hinter sich lassen und ihre Wirtschaft wieder in Ordnung bringen oder wird es die Probleme verschärfen?", sagt Sharyn O'Halloran, Professorin für Wirtschaftspolitik an der Columbia Universität.