Ein Unwetter mit Sturm und Orkanböen ist in der Nacht zum Sonntag über weite Teile Deutschlands hinweggefegt. In Hameln in Niedersachsen wurde dabei ein 71-jähriger Mann aus Bielefeld (Nordrhein-Westfalen) von einem herabstürzenden Ast erschlagen. Schäden durch umstürzende Bäume und losgerissene Dachziegel, voll gelaufene Keller und abgesagte Open-Air- Veranstaltungen sowie Behinderungen im Zugverkehr gab es nach Polizeiangaben vom Sonntag vor allem in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Mittelhessen und Nordbayern. Zahlreiche Menschen wurden verletzt. Auch in Belgien und Frankreich sorgten Regen und Sturm für Sachschäden und Verkehrsbehinderungen.
In Nordrhein-Westfalen brachte ein Gewitterband des Tiefs "Gertrud" teils chaotische Verhältnisse auf Straßen und im Bahnverkehr. Bei mehreren Unfällen wurden neun Menschen verletzt, einer davon schwer. Viele Feste im Freien wurden abgesagt oder abgebrochen. Besonders auf Nebenstrecken traf es den Bahnverkehr in ganz Nordrhein-Westfalen. Zahlreiche Züge hatten Verspätung, weil umgestürzte Bäume die Oberleitungen beschädigt hatten.
Windstärke 11 in Paderborn
In Bonn stürzte ein Baum auf einen fahrenden Wagen. Der 38-jährige Fahrer wurde schwer, seine 30-jährige Beifahrerin leicht verletzt. Auch der Verkehr auf den Autobahnen war betroffen. So stürzten auf der A 45 in Richtung Frankfurt zwischen Lüdenscheid und dem Kreuz Olpe Bäume auf die Fahrbahn. Laut dem Bochumer Wetterdienst Meteomedia wurde die höchste Windgeschwindigkeit mit 111 Stundenkilometern in Bad Lippspringe bei Paderborn gemessen. Das entspricht Windstärke 11.
In Baden-Württemberg wurden zehn Menschen verletzt, ein Mann schwebt in Lebensgefahr. Besonders stark betroffen war der Rhein- Neckar-Kreis. In Villingen-Schwenningen musste ein Zelt mit 3500 Besuchern des Landesmusikfestes geräumt werden. Ein Halbmarathon-Lauf in Mannheim mit mehreren tausend Teilnehmern wurde abgesagt.
Aprilwetter im Mai
Ursache für das Unwetter in weiten Teilen Deutschlands ist nach Angaben von Meteorologen der große Temperaturunterschied zwischen Ländern im Norden und im Süden. Die gegenwärtige Wetterlage sei zwar für einen Mai nicht ungewöhnlich aber selten, sagte Michael Hofstätter vom Wetterdienst Meteomedia. "Im April war das Wetter wie im Mai, und im Mai haben wir Aprilwetter."
Auch in Frankreichs Hauptstadt Paris tobte der Sturm. Die Tuilerien und die beiden Museen Orangerie und Jeu de Paume mussten wegen Sturmböen geschlossen werden. Im Norden Frankreichs, vor allem in der Normandie, führten die Sturmböen zu Stromausfall. Mehr als 30 000 Haushalte hatten kein Licht. Die Normandiebrücke, eine der längsten Schrägseilbrücken der Welt, die Le Havre mit Honfleur verbindet, wurde für Fußgänger, Motorräder und Lastwagen gesperrt.
Verkehrsbehinderungen auch in Belgien. Nach Angaben der Bahngesellschaft SNCB legten umgestürzte Bäume vor allem in der Region Mons bis zu drei Stunden lang wichtige Schienenverbindungen lahm. In der Stadt Mons unweit der Grenze zu Frankreich rückten die Feuerwehren 70 Mal aus, um Bäume zu beseitigen, Keller auszupumpen und Wasser abzuleiten. In Brüssel kappte ein Baum eine Straßenbahn- Oberleitung.