Einen Tag nach dem Absturz einer russischen Passagiermaschine in der Ukraine mit 170 Toten haben die Ermittler den Flugschreiber der Tupolew gefunden. Davon erhofften sie sich Aufschlüsse über die Ursache des Unglücks. Ein Vertreter der Fluglinie Pulkovo sagte am Abend, an Bord seien ein Mädchen aus den Niederlanden, ein Finne, eine Französin sowie zwei in Deutschland lebende russische Staatsbürger gewesen. Am Morgen hatte der Vize-Generaldirektor der Fluglinie, Wassili Naletenko, noch von zwei deutschen Opfern gesprochen. Von offizieller deutscher Seite gab es dafür keine Bestätigung. Die Ukraine und Russland ordneten nationale Trauertage an. Bei dem Absturz waren alle Menschen an Bord ums Leben gekommen. 45 davon waren Kinder.
Viele Tote waren russische Urlauber
Das Auswärtige Amt teilte mit, die deutschen Botschaften in Kiew und Moskau stünden in Kontakt mit den zuständigen ukrainischen Stellen und der russischen Fluggesellschaft. Auch das Generalkonsulat in St. Petersburg sei involviert. Es solle geklärt werden, ob Deutsche an Bord waren. Die meisten der Toten waren russische Urlauber - die Maschine vom Typ TU-154 war auf dem Weg vom südrussischen Badeort Anapa nach St. Petersburg.
Das russische Katastrophenschutzministerium hatte zunächst erklärt, die Maschine sei von einem Blitz getroffen worden. Die Ermittler warnten jedoch vor voreiligen Schlussfolgerungen. Russlands Verkehrsminister Igor Lewitin sagte russischen Medien, es seien sowohl der Flugschreiber als auch der Stimmrekorder entdeckt worden. Das russische Fernsehen berichtete, der Besatzung sei der Flug über den Ostteil der Ukraine gestattet worden. Dabei sei es in ein Gewitter geraten.
Das Fernsehen zeigte Aufnahmen eines zur Erde stürzenden Feuerballs inmitten dicken Rauchs. Die Bilder waren vom Dorf Sucha Balka aus aufgenommen. "Wir hörten alle ein lautes Rumpeln, und ich habe gesehen, wie das Flugzeug fiel. Es hing erst in der Luft, und dann raste es nach unten", sagte Dorfbewohner Jewgenj Donets. "Alle waren tot. Es gab ein großes Feuer und viel Rauch." Die Leichen lagen inmitten von Trümmern des verunglückten Flugzeugs, verteilt auf der Fläche von der Größe eines Fußballfelds. Mehr als 400 Helfer bargen die Leichen und packten sie in Plastiksäcke. Dem russischen Sender NTV zufolge wurden bislang 130 Leichen geborgen.
Nahe dem Absturzort grenzten Helfer einen Bereich ab für die erwarteten Angehörigen. Stühle wurden aufgestellt, orthodoxe Priester trafen ein, um die Trauernden zu betreuen. Die Ukraine gedachte am Mittwoch offiziell der Opfer, gefolgt von einem Trauertag in Russland am Donnerstag. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Putin am Dienstag ihre Bestürzung über das Unglück übermittelt und ihm sowie den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl ausgedrückt.
Tupolev ist seit 1974 im Einsatz
Das Modell Tupolev Tu-154 ist das Standard-Mittelstreckenverkehrsflugzeug vieler Fluggesellschaften aus dem ehemaligen Ostblock und das russische Gegenstück zur amerikanischen Boeing 727. Der dreistrahlige Flugzeugtyp ist seit 1972 im Einsatz und wurde mehrfach grundlegend modernisiert. Die jetzt in der Ukraine abgestürzte Maschine gehörte zu den neueren Versionen. Sie wurde 1992 gebaut und hatte bereits 24.000 Flugstunden absolviert.
Insgesamt lieferte Tupolev 1015 Tu-154 aus, 55 stürzten bislang ab. Der Absturz mit den meisten Todesopfern liegt 21 Jahre zurück, damals kamen 200 Passagiere und Besatzungsmitglieder ums Leben.