Es ist vergleichsweise einfach geworden, sich wie ein Idiot zu fühlen. Ich halte mich für angemessen neugierig und rede mir ein, hinreichend viel mitzukriegen von dem, womit die Menschheit immer so um die Ecke kommt. Und trotzdem muss ich ständig klammheimlich dem hinterhergoogeln, was alle anderen schon zu wissen scheinen. Wer ist Faisal Kawusi? Was ist Millennial Pink? Was genau kann man in dem Laden dahinten kaufen, dessen Schild Fitted caps, Snapbacks und 5-Panel-caps anpreist? Wofür sind Chia-Samen gut? Was sind Poke Bowls? Und was soll der Scheiß mit den Fidget Spinnern?
Soll es schnell gehen, oder soll es schmecken?
Dass ich mir selbst immer wieder Nachhilfe geben muss, wäre völlig okay, wenn es nur um kommende und gehende Trends ginge. Das ist was für Minderjährige, da dürfen Leute in meinem Alter Wissenslücken haben. Schlimmer ist, dass ich auch in Fächern nachsitzen muss, von denen ich dachte, dass ich mindestens eine solide Zwei minus hinkriege. Aktuelles Beispiel? Ich will mir einen Grill kaufen. Schnelle Sache, dachte ich, irgend so ein Teil halt, bisschen besser als ein Tankstellen-Dreibein darf's schon sein. Ansonsten ist die Sache ja simpel: Feuer, Fleisch, fertig. Mal googeln, was es inzwischen alles gibt.

Das war vor drei Tagen. Seitdem pflüge ich mich durch ein Themenfeld, das sich in den vergangenen Jahren in Ausmaß und Übersichtlichkeit am hinteren Amazonas orientiert hat. Die Grundentscheidung, so weit bin ich schon, muss getroffen werden anhand der Frage: Soll es schnell gehen, oder soll es schmecken? Mit anderen Worten: Gasgrill – auf Knopfdruck an, in fünf Minuten heiß – oder Holzkohle, die ewig braucht, bis sie endlich glüht, dann aber heizt wie der Teufel? (Elektro ignorieren wir einfach. Falls ich auf einer Heizspirale braten will, kann ich mir auch gleich eine Pfanne nehmen und mich in die Küche schleichen.)
Oder besser ein Flammlachsbrett aus finnischer Birke?
Also. Falls Kohle: Kaminzuggrill? Kugelgrill? Einen schnell startenden Lotus-Tischgrill mit integriertem Lüfter? Um dann bis in alle Ewigkeiten die passende raucharme Spezial-Buchenholzkohle und Spezial-Brennpaste kaufen zu müssen? Oder gleich was Geiles für zwei Tausender: einen Big-Green-Egg-Keramikgrill? (Spendenkontonummer am Ende dieser Kolumne.)
Falls Gasgrill: zwei-, drei-, vierflammig? Propan- oder Erdgas? Eines dieser Kompaktmodelle, die aussehen wie Beiboote des Todessterns? Und um doch noch so was wie Grillgeschmack zu fabrizieren: eine Räucherbox mit Apfelholzchips? Räucherbretter aus Zedernholz mit unterschiedlich starker Maserung, mit der man den Grad der Räucherung variieren kann? Oder besser ein Flammlachsbrett aus finnischer Birke?

Und die Räucherchips: Hickory? Altes Whiskyfass? Oder lieber doch gleich einen Smoker? Oder einen Außenkamin mit Pizzaofen? Oder vielleicht eine schicke Feuerschale, die man auch als Eiskübel verwenden könnte (okay, nicht gleichzeitig) oder als Pflanztrog, wenn man irgendwann ganz unvermeidlich die Nase vom Grillen voll hat?
Entscheidungen, Entscheidungen. Und hat man endlich eine getroffen, wird man von Menschen anderer Konfessionen niedergemacht. Gas! Ist doch für Schattenparker. Kohle! Toll, wenn man es gern außen schwarz und innen kalt mag.
Was ich in diesen drei Tagen intensiver Grill-Recherche gelernt habe: gar nicht so schlecht, ein Idiot zu sein. Was ich nicht weiß, macht meinen Grill doch heiß. Ich bleibe beim Old-School-Brutzeln. Ein Klappergestell von der Tanke. Eierpappe rein, Kohle mit Salatöl tränken, mit der Fahrradpumpe anheizen, Nackensteak drauf, Ende. Dumm isst gut.
