Ukraine-Krieg Britischer Ausbilder klagt, kein "einziger Dollar" der Militärhilfe kommt bei seinen Soldaten an

Den Soldaten fehlt es an der nötigsten Ausrüstung.
Den Soldaten fehlt es an der nötigsten Ausrüstung.
© AFP
Matthew Robinson bildet ukrainische Freiwillige aus. Nach wie vor werden die Rekruten ohne die nötigste Ausrüstung an die Front geschickt. Die Milliarden an Hilfen kommen beim einfachen Soldaten nicht an.

Der Brite Matthew Robinson reiste zu Beginn des Krieges in die Ukraine. Dort bildete die Einheit des ehemaligen Pioniers ukrainische Rekruten aus. In früheren Interviews zeigte sich der Veteran stets optimistisch, im aktuellen Gespräch mit der Londoner Times ist er viel realistischer und gibt zu, dass die alten Aussagen absichtlich geschönt waren.

Ein Drittel fällt an der Front

Robinson ist verzweifelt, er schätzt, dass mehr als 1000 Mann der Freiwilligen, mit deren Ausbildung seine Einheit zu tun hatte, bereits gefallen sind. Das liegt daran, dass der echte Krieg hässlicher ist als sein mediales Abbild. "Das ist zu einem TikTok-Krieg geworden. Man sieht Videos mit teurer westlicher Ausrüstung, die russische Panzerkolonnen ausschalten. Toll, aber die Realität sieht ganz anders aus."

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Seinen Soldaten fehlt es dagegen an allem. Einer hat die Augen durch kleine Schrapnelle verloren. Hätte er eine Militär-Schutzbrille getragen, würde er jetzt noch sehen können.

Unzureichende Ausrüstung

Zu Beginn des Konflikts habe es buchstäblich nichts für die Soldaten gegeben, die an die Front geschickt wurden, so Robinson. Von den großen Hilfen der USA und Großbritanniens würde er an seiner Position nichts bemerken. "Wenn ich mich umschaue, sieht man keinen einzigen Dollar davon. Ich sehe keine Humvees, keine gepanzerten Fahrzeuge. Die Männer, die wir ausbilden, haben keine Zieloptiken für ihre Waffen, sie haben keine Erste-Hilfe-Päckchen, keine Uniformen. Weder Augen- oder Gehörschutz ist angekommen."

Er bewundert den Mut seiner Rekruten, doch "ein Drittel der Männer, die ich ausbilde und die an die Front gehen, werden nicht mehr zurückkommen". Der Ausbildungsstand sei schlecht, die körperliche Fitness unzureichend. Die westliche Hilfe konzentriert sich auf hochwertige Großsysteme. An den Bedarf der einfachen Soldaten werde nicht gedacht. "Wir schicken unsere Soldaten ohne die richtige Ausrüstung an die Front. Das Geld kommt nicht dort an, wo es am dringendsten gebraucht wird."

"Ich frage mich, wo die ganze westliche Hilfe bleibt, ich habe keine Ahnung, wo die westlichen Hilfsgelder sind. Jeder Mann, den ich ausbilde, hat nur eine lange Liste von Ausrüstungsgegenständen, die er nicht bekommen hat."

Verluste, die nicht zu ersetzen sind

"Wir kennen die ukrainischen Opferzahlen nicht – doch Präsident Selenskyj hat zugegeben, dass er täglich 60 bis 100 Männer verliert – ich fürchte, die wirkliche Zahl ist viel höher." Damit spricht Robinson das größte Problem des Krieges an. Seit dem Beginn der Donbass-Offensive hat Russland die Strategie geändert. Sicher, es geht auch um die Eroberung des Donbass, das eigentliche Ziel ist die "kontinuierliche Abnutzung" der ukrainischen Streitkräfte. Den Begriff kann man mit "Kiews Soldaten töten" übersetzen. Für die Ukraine sind diese Verluste unersetzlich. Die toten Profisoldaten der Streitkräfte und die Verluste an motivierten Freiwilligen wird man später nicht mit gezogenen Wehrpflichtigen ausgleichen können. Hinzu kommt: Die starken Verluste werden dazu führen, dass weiterhin nur unzureichend ausgebildete Rekruten an die Front geworfen werden.

Um das zu verhindern, müssen die Soldaten, die einfache Infanterie, mit dem Nötigsten ausgestattet werden, appelliert der Ausbilder. "Wenn sie die richtige Ausrüstung bekämen, würde sich die ganze Dynamik ändern – diese Jungs würden 100 Prozent des verlorenen Gebiets zurückgewinnen."

Quelle: The Times

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