Pssst! Baby hört mit! Kommunikation ist der Schlüssel zum Überleben, wenn man so hilflos ist, wie es Babys und kleine Kinder nun einmal sind. Dass schon Föten nicht völlig isoliert im Fruchtwasser schwimmen, sondern mit der Zeit in der Lage sind, nicht nur den Körperschall ihrer Mütter, sondern auch Informationen aus der Welt draußen zu empfangen, ist seit Jahrzehnten bekannt. Etwa ab der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche ist das Gehör einsatzbereit. Das, was dann akustisch bis zum Fötus durchdringt, ist allerdings schon aus rein physikalischen Gründen begrenzt. Die Bauchwand der Mutter und das Fruchtwasser lassen praktisch nur Schwingungen durch, die unter einer Frequenz von 600 Hertz liegen (1 Hertz = eine Schwingung pro Sekunde). Alle höheren Töne werden stark abgeschwächt. Der offene Frequenzbereich reicht aber zumindest für die Grundtöne der menschlichen Stimme: rund 125 Hertz sind das bei erwachsenen Männern, 250 Hertz bei den Frauen. Selbst Kinderstimmen mit rund 440 Hertz Grundton werden im Mutterleib noch gut wahrgenommen.
Doch sprechen wir ja nicht auf ein und demselben Ton. Sogenannte Obertöne, also eine Vielzahl überlagerter Schwingungen, die sich aus der Anatomie unseres Stimmtraktes ergeben, erzeugen erst den Charakter und die Farbe einer Tonfolge. Dieser Frequenzbereich aber geht hinauf bis auf etwa 12.000 Hertz und bleibt Ungeborenen verborgen. Im Idealfall können Menschen auch noch Töne bis 20.000 Hertz hören, realistisch und angenehm fürs Ohr sind allerdings deutlich tiefere Frequenzen. Und natürlich spielt auch die Lautstärke eine Rolle: Um im Mutterleib gehört zu werden, braucht es draußen schon um die 90 Dezibel (dB), was etwa dem Pegel in einem voll besetzten Restaurant entspricht und beispielsweise entsprechend der DIN-Norm 18.005 "Schallschutz im Städtebau" noch deutlich lauter ist als aus der Nähe erduldeter starker Straßenlärm oder eine tobende Kinderschar.
Rhythmus, Melodie und Silben
Was vom Baby im Bauch vor allem wahrgenommen wird, sind Rhythmus und Melodie einer Sprache. Wie frühere Untersuchungen gezeigt haben, können schon Neugeborene Sprache von sinnfreien Geräuschen unterscheiden. Sie haben auch schon eine Ahnung, dass es so etwas wie Silben und Wörter gibt und wo das eine Wort in einem akustischen Strom endet und ein anderes anfängt. Allerdings klappt das nur bei der Muttersprache. Nur bei ihr entdeckt das eben erst zur Welt gekommene Kind die Grundstrukturen, indem es Eigenschaften wie Rhythmus, Tonhöhe und auch die Intensität des Gesagten analysiert. Das muss es selbstverständlich nicht wollen. Das Gehirn macht das – wie fast alles andere – von ganz allein. Aber woher weiß es, dass genau diese jetzt gehörte Sprache die seiner Mutter und dann meist auch der ganzen Familie ist? Wann hat das Kind das gelernt, ohne von irgendeiner Sprache auch nur ein Wort inhaltlich zu verstehen?