Nein, auf Geschlechtergerechtigkeit wurde bei der Solvay-Konferenz 1927 noch kein gesteigerter Wert gelegt. Eine einzige Frau ist auf dem Gruppenbild zu sehen: Marie Curie, Entdeckerin der Radioaktivität und Nobelpreisträgerin für Physik und Chemie. Umgeben war sie von 28 Kollegen, darunter Albert Einstein, Werner Heisenberg und Erwin Schrödinger – und das sind nur die Namen, die auch Laien sofort etwas sagen.
Insgesamt 17 der 29 auf der Konferenz anwesenden Physiker:innen hatten damals schon einen Nobelpreis verliehen bekommen oder sollten ihn später noch erhalten. Das Gruppenfoto der Teilnehmer:innen ist deshalb auch als das "Bild mit dem höchsten IQ" berühmt geworden, es hängt in WGs, Wohnzimmern und wissenschaftlichen Instituten: Wohl niemals zuvor und danach haben sich so viele extrem intelligente Menschen für ein Foto versammelt. Die Geschichte dahinter ist jedoch nicht so bekannt.
Solvay-Konferenz: Das Treffen der klügsten Physiker:innen
Die Solvay-Konferenz war eine Tagung von international renommierten Forscher:innen auf dem Gebiet der Physik – eine Art Klassentreffen der klügsten Physiker:innen. Erstmals fand die Konferenz 1911 statt, benannt wurde sie nach dem Großindustriellen Ernest Solvay, der die Zusammenkünfte organisierte und finanzierte. Regelmäßig trafen sich die Wissenschaftler:innen jedes Jahr in Brüssel, um jeweils ein fundamentales Thema aus dem Fachbereich zu diskutieren. Nach dem Ersten Weltkrieg fand die Konferenz nur noch alle drei Jahre statt.
Die Solvay-Konferenz 1927 war die fünfte ihrer Art und gilt als die berühmteste, vor allem wegen des illustren Teilnehmerfelds. Teilnehmen durfte nur, wer eingeladen wurde. Unter dem Vorsitz des niederländischen theoretischen Physikers Hendrik Antoon Lorentz wurde im Brüsseler Hotel Metropol über "Elektronen und Photonen" diskutiert. Vier Tage lang, vom 24. bis zum 27. Oktober 1927, redeten sich die brillantesten Forscher:innen der Welt die Köpfe heiß. Insofern täuscht die Harmonie, die das traditionelle Gruppenbild vermittelt.
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In den 90er-Jahren hat ein Team am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der Nasa Kameralinsen entwickelt, die klein genug sind, um sie an Raumfahrzeugen für interplanetare Missionen anzubringen – und die bei geringem Energieverbrauch Fotos von hoher Qualität schießen. Das Resultat nahm nicht nur bedeutend weniger Platz weg, sondern war auch kostengünstiger zu produzieren als alle anderen Bildsensoren. JPL zufolge ist diese Technologie auch heute noch in einem Drittel aller Kameras verbaut – unter anderem in Handys, Digitalkameras und medizinischen Apparaturen.
Debatte zwischen Albert Einstein und Niels Bohr
Im Mittelpunkt standen vor allem Albert Einstein, Nobelpreisträger 1921, und Niels Bohr, dem 1922 der Nobelpreis für Physik verliehen wurde. Die beiden Wissenschaftler lieferten sich eine heftige Diskussion, die später unter dem Namen "Bohr-Einstein-Debatte" bekannt wurde. Die Wissenschaftselite stand unter dem Eindruck der revolutionären Theorie der Quantenmechanik, die viele bisherige Gewissheiten der Physik in Frage stellte – stattdessen spielt dabei der Zufall eine größere Rolle.
Einstein konnte damit nicht viel anfangen. Das lag nicht an fachlichen Differenzen, sondern vielmehr an seiner eigenen Weltsicht – denn die Fragen, um die es geht, sind nicht nur physikalischer Natur, sondern tangieren auch die Philosophie. Einstein glaubte nicht, dass der Zufall die Welt bestimmt. Diese Einstellung gipfelte in seinem berühmten Ausspruch: "Gott würfelt nicht."

Der Däne Niels Bohr ist einer der prominentesten Vertreter der Quantenmechanik. Er argumentierte aufgrund der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass Quantenwirklichkeit überhaupt nicht unabhängig vom Beobachter existiert. Bohr meinte, dass die Beobachtung ihre eigene Realität erschafft. Er und Einstein fanden keinen Weg, sich anzunähern – die beiden Physiker diskutierten noch über viele Jahre weiter, ohne zu einer Lösung zu kommen.
Die Solvay-Konferenz findet übrigens bis heute in Brüssel statt – die Namen der Teilnehmer:innen dürften allerdings nur noch Fachleuten etwas sagen. Das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Männern und Frauen ist mittlerweile jedoch ausgeglichener.