Noemi ist gespannt. Gespannt darauf, was der Doktor gleich sagen wird, wenn er Lilly, ihren Teddybären, untersucht. "Lilly hat sich beim Turnen das Genick, den Fuß und den Arm gebrochen - und eine Blasenentzündung und Masern hat sie auch", erklärt die Fünfjährige. Sie hält das braune, ziemlich abgenutzte Plüschtier fest im Arm und wartet auf den Arzt. Im ersten Teddybär-Krankenhaus in Münster haben am Donnerstag rund 80 angehende Mediziner der Universität kranke Kuscheltiere und deren "Mamas" und "Papas" zur Sprechstunde gebeten. Knapp 500 Kinder zwischen 3 und 6 Jahren sind - meist mit ihrer Kindergartengruppe - zum Arztbesuch gekommen.
Bei der Notoperation assistieren
"Mit der Teddy-Klinik wollen wir vor allem Kindergartenkindern auf spielerische Weise die Angst vor Ärzten nehmen", sagte die Vorsitzende der Fachschaft Medizin an der Universität Münster, Sabine Zöller. "Dadurch, dass wir die Plüschtiere und nicht direkt die Kinder untersuchen, sehen die Kleinen, dass ein Arztbesuch gar nicht schlimm ist", sagte die 22 Jahre alte Medizin-Studentin. Außerdem würden die Sprösslinge in die Behandlung mit einbezogen: Sie dürften helfen, einen Verband anzulegen, die Röntgenmaschine einzuschalten und bei der Notoperation - natürlich mit Mundschutz und Kopfhaube - zu assistieren.
In drei Zelten war das Krankenhaus für die plüschigen Patienten auf dem Schlossvorplatz untergebracht. "Im ersten Zelt müssen die Teddy-Eltern ihre 'Kinder' anmelden", sagte Zöller. "Hier wird das Stofftier gewogen und gemessen, und alle seine Daten und Symptome werden auf einem Krankenblatt festgehalten." Dann komme ein Doktor oder eine Ärztin und hole das kranke Kuscheltier und seine "Mama" oder seinen "Papa" zur Behandlung im zweiten Zelt ab. Im letzten Zelt könnten sich die Teddy-Eltern dann stärken und würden von ihren Betreuern in Empfang genommen.
"Dr. ted. Michaela"
Für Noemi und ihre Stoffbärin Lilly hat das Warten nun ein Ende. Teddy-Doktorin "Dr. ted. Michaela", die 22 Jahre alte Studentin Michaela Pohlmann, führt die beiden zur Behandlung. Noemi legt Lilly behutsam auf den mit grünem Stoff bedeckten Untersuchungstisch. "Lilly hat jetzt ein bisschen Angst, weil es wehtut", sagt die Bären-Mama. "Es tut weh, weil Lilly sich den Fuß und den Arm gebrochen hat", erklärt Pohlmann. Gemeinsam mit Noemi legt sie Lilly um Arm und Bein einen Verband an. "Damit sie schnell wieder gesund wird, musst Du Lilly oft lieb knuddeln", sagt die Plüschtier-Ärztin. "Nicht vom Bett runterschmeißen, sondern doll lieb haben", antwortet Noemi und nickt.
Auf dem Behandlungstisch daneben hört Ärztin Corinne Schirmeisen mit dem Stethoskop Globus, den Teddybären der dreijährigen Laura, auf Bauchschmerzen ab. "Der Globus hat ein Sauerblatt gegessen, deshalb tut ihm der Bauch weh", erklärt Laura. Corinne Schirmeisen zeigt Laura, wie sie Globus massieren muss, damit er keine Schmerzen hat. Danach ist der nächste plüschige Patient an der Reihe. "Viele Kinder sagen nach der Behandlung, dass das ja gar nicht so schlimm ist", erklärt die 24-Jährige, die selbst Kinderärztin werden will. "Das ist, was wir mit dem Teddybär-Krankenhaus erreichen wollen."