Mateus Conceicão, 18 Jahre, Rio de Janeiro, Wasserträger
Mein Job: Ich trage Trinkwasserkanister aus, ein jeder 20 Kilo schwer. Ich entlade 600 Kanister von einem Lastwagen und stapele sie im Laden meines Bosses. 600 mal 20 Kilo. Dann liefere ich sie an Kunden, auf der Schulter. Sechs Tage die Woche, von 8 bis 18 Uhr. Es ist mein erster Job. Ich helfe meiner Mutter Schulden abzuzahlen.
Und das alles in brütender Hitze. Im März wurde ein neuer Rekord in Rio gemessen: gefühlte 62,3 Grad, unter Einberechnung der Luftfeuchtigkeit. An die Zahl erinnere ich mich genau. 62,3 Grad. Der letzte Rekord war 59,7 Grad, im November. Die Stadt schickt dann einen Hitzealarm an die Menschen – Alerta Rio. Wir haben immer mehr Hitzealarme. Früher wurde die Hitze nach dem Sommer besser. Jetzt dauert der Sommer länger. Oder er kommt zwischendurch im Winter zurück. Sehr verrückt. Und am Abend regnet es heftig, kühlt aber nicht ab. Immerhin brennen die Regenwälder hier in Rio nicht ab, anders als etwa am Amazonas.
Ich bin den ganzen Tag schweißgebadet. Es ist schwer, Plastikkanister zu tragen, wenn deine Hände nass vor Schweiß sind. Abkühlung gibt es nicht. Mein Boss hat in seinem Zimmer eine Klimaanlage, aber die ist nur für ihn, nicht für Arbeiter.
Meine Mutter arbeitet als Küchenhilfe im Restaurant. Bei ihr ist es noch heißer. Sie steht in der brütenden Hitze am heißen Herd. Sie pult Krabben, manchmal den ganzen Tag. Wenn sie nach Hause kommt, kann sie nicht mehr und fällt erschöpft ins Bett.
In Brasilien gibt es zwei Klassen von Menschen: die mit Klimaanlage und die ohne. Wir gehören zur Klasse ohne. Wir haben nur einen Ventilator. Wir schlafen bei 35 Grad. In den Armenvierteln ist es besonders heiß. Alles ist verbaut. Es gibt kaum Bäume, keinen Schatten, dafür enge Gassen.
Wir Brasilianer mögen die Hitze. Wir strömen dann an den Strand. Aber das jetzt ist selbst für Brasilianer zu viel. Ich kenne ältere Menschen, die vor Hitze und Erschöpfung gestorben sind. Ich kenne Menschen, die ihre Jobs danach auswählen, wo sie eine Klimaanlage haben. Ich kenne Kirchen, die die Gläubigen mit ihrer Klimaanlage an-locken. Unser Gottesdienst findet in einer Hütte ohne Klimaanlage statt, abends nach Sonnenuntergang.
Wenn einer eine Klima-anlage ergattert, schlafen bis zu acht Menschen in einem Raum. Sie kostet 3000 Reais, 500 Euro, zwei Monatsgehälter, unerschwinglich für uns.