Evolution Auf der Jagd nach dem Erbgut eines lebenden Fossils

Der Quastenflosser-Fisch ist ein Oldie mit 400 Millionen Jahren Evolutionsgeschichte. Einem deutsch-südafrikanischen Forscherteam ist es nun gelungen, aus Schuppen der extrem seltenen Urfische DNA zu gewinnen.

Der Quastenflosser gilt als lebendes Fossil. Einem deutsch-südafrikanischen Forscherteam ist es bei einer Tauch- Expedition im Indischen Ozean nun gelungen, den extrem seltenen Urfischen Schuppenproben zu entnehmen. "Wenn es gelingen sollte, die Zellen zu kultivieren und aus ihnen ausreichende Mengen an DNA zu isolieren, könnte dies der Start für viele interessante genetische Untersuchungen sein, die sich bisher auf Grund der geringen Mengen an verfügbarer DNA nicht machen ließen", erläuterte die Zoologin Karen Hissmann vom Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie in Seewiesen bei München. Eventuell könnte auf diese Weise auch einmal das Klonen des Quastenflossers möglich werden, der lange als ausgestorben galt.

Hissmann gehörte einem Team um den deutschen Urfisch-Forscher Prof. Hans Fricke an, das im April Tauchfahrten vor Südafrikas Ostküste unternahm. In rund 150 Metern Tiefe vor der Sodwana-Bucht hatten die Wissenschaftler mehreren der bis zu zwei Meter langen Quastenflossern (Coelacanth) per Greifarm von einem Tauchboot Schuppen entnommen. Einige der Schuppen wurden verwendet, um aus dem noch lebenden Gewebe Ausgangsmaterial für eine Zellkultur zu gewinnen. "Es gelang uns, sie zwei Wochen lang am Leben zu erhalten, bevor wir sie durch Bakterienbefall verloren", sagte die südafrikanische Professorin und Projektkoordinatorin Rosemarie Dorrington am Dienstag der dpa.

Die Arbeit mit lebenden Fischen ist nicht möglich

Die in der Zeit möglichen Untersuchungen seien überaus aufschlussreich gewesen. "Es war der erste Schritt - eine Momentaufnahme darauf, wie sich Zellen in der Urzeit entwickelten", meinte die Gen-Forscherin der Rhodes-Universität. Da es nicht möglich sei mit lebenden Fischen zu arbeiten, sei das Züchten von Zellen der nächstbeste Schritt. Ihre Kollegen schließen die Möglichkeit späteren Klonens dieses Urfisches nicht aus. Dies habe aber keine Priorität. Im kommenden April werde es eine dritte Unterwasser-Expedition geben, bei der den Fischen erneut Gewebeproben entnommen werden sollen, kündigte Dorrington an.

"Es ist wahrscheinlich das spannendste biologische Projekt, an dem man auf der Welt arbeiten kann. Als ob man Leben auf dem Mars sucht", erklärte die Forscherin. Insgesamt wurden bei der jüngsten Expedition 18 Exemplare des prähistorischen Quastenflossers gezählt - 6 mehr als bekannt. Einer wurde mit einem Ultraschallsender markiert. Sein Weg lässt sich nun von der Wasseroberfläche aus verfolgen. Später soll sein Verhaltensmuster mit dem eines Urfisch-Bestandes vor den Komoren verglichen werden. So soll auch geklärt werden, ob die Population vor Südafrikas Küste eventuell von den Komoren herüber driftete.

Die Quastenflosser stehen an der Wurzel der landlebenden Wirbeltiere

Die Expeditionen sind Teil eines von Südafrika mit 10 Millionen Rand (1,2 Mio Euro) geförderten Projekts zur Erforschung des seltenen Fischs und seines Lebensraums in internationaler Zusammenarbeit. Deutschland ist dabei der größte Partner. Die prähistorischen Quastenflosser sind evolutionsbiologisch bedeutend: Sie stehen neben Lungenfischen an der Wurzel der landlebenden Wirbeltiere. Nur einige wenige Exemplare, deren Entwicklungsgeschichte rund 400 Millionen Jahre zurückreicht, wurden in schwer zugänglichen Unterwasserhöhlen bei Indonesien und den Komoren-Inseln bisher entdeckt.

Ralf E. Krüger

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