Am 1. November 1952 wurde im Wettrüsten der Supermächte eine neue Runde eingeläutet: Die USA zündeten auf einem Atoll der Marshall-Inseln im Pazifik die erste Wasserstoffbombe. Der Sprengsatz mit der Bezeichnung "Mike" war mit 10 Megatonnen 700 Mal so stark wie die Atombombe von Hiroshima. Die Insel Elugelab verschwand spurlos, an ihrer Stelle klafft unter Wasser ein kilometerbreiter Krater. Die Macht der neuen Bombe übertraf sogar die Kalkulationen der Wissenschaftler. Nur Monate später, am 12. August 1953, explodierte die erste sowjetische H-Bombe.
Der Bau der neuartigen Fusions- oder Wasserstoffbombe war in den USA zunächst heftig umstritten. Der "Vater der Atombombe", J. Robert Oppenheimer, sowie zahlreiche andere Wissenschaftler und Militärs hatten vor der Superwaffe gewarnt. Sie schaffe eine völlig neue Dimension der Zerstörungsgewalt, die sogar die Vernichtung der gesamten Menschheit ermöglichen werde. Oppenheimer und anderen Physikern war bei den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasaki klar geworden, welch furchtbare Waffe sie gebaut hatten. Doch die "Falken" in Washington setzten sich durch.
Präsident Harry Truman verfügte im Januar 1950: "Als Oberbefehlshaber muss ich dafür sorgen, dass sich unser Land gegen jeden möglichen Feind verteidigen kann. Ich habe daher die Atomenergiebehörde angewiesen, an allen Nuklearwaffen weiterzubauen, einschließlich der Wasserstoffbombe". Oppenheimer wurde als Pazifist und Linker gebrandmarkt und aus dem nationalen Nuklearprogramm entlassen.
"It’s a boy!
Der Physiker Edward Teller und der Mathematiker Stanislaw Ulam wurden zu den Vätern der neuen Fusionsbombe, die - wie bereits die Atombombe - im streng geheimem Labor auf dem Hügel von Los Alamos (Bundesstaat New Mexico) entstand. Als Edward Teller 1952 vom geglückten Fusionsversuch im Pazifik hörte, soll er überglücklich ausgerufen haben: "It’s a boy! (es ist ein Junge)".
Gepaart mit Interkontinentalraketen wurde die Wasserstoffbombe im Arsenal der Supermächte zu einer Waffe unvorstellbarer Schlagkraft. Auch Großbritannien, Frankreich und China bauten eigene H-Bomben. Bei der Atombombe werden die schweren Kerne von Plutonium oder angereichertem Uran gespalten und riesige Energien freigesetzt. In der Wasserstoffbombe fusionieren leichtere Kerne, die Isotope von Wasserstoff, zu schwereren Atomkernen. So entsteht auch die Energie der Sonne. Die für die Fusion notwendige extreme Temperatur wird durch eine kleine Atombombe ausgelöst, die sich in der H-Bombe befindet. Die Fusionsbombe ist billiger und "sauberer" als die Atombombe, da weniger Radioaktivität freigesetzt wird.
Nach dem Ende des Kalten Krieges und im Zuge zahlreicher Abrüstungsvereinbarungen wird in Los Alamos mehr auf Gebieten wie Sicherheit und Abwehrsysteme geforscht als an den Nuklearwaffen selbst. Tellers "Junge", die Wasserstoffbombe, ist bisher niemals zum Einsatz gekommen.