Neuer Paukenschlag aus Nordkorea – nachdem das Regime in Pjöngjang vor wenigen Monaten offenbar erfolgreich eine Wasserstoff-Bombe zünden konnte, gelang ihm nun der Start einer neuen Interkontinentalrakete. Die Staatsmedien meldeten, die Hwasong-15 könne einen extrem großen und schweren Gefechtskopf tragen. Sprich: Die neue Rakete kann demnach eine Wasserstoffbombe ins Ziel bringen.
Nordkoreas berühmteste Nachrichtensprecherin Ri Chun Hee wird nur bei besonderen Anlässen ins Studio gebeten. Sie erklärte freudestrahlend: "Dieses System können wir mit dem schwersten Gefechtskopf beladen und es wird jeden Punkt in den USA treffen. Diese Rakete ist technologisch weit fortgeschrittener als die Hwasong-14 aus dem Juli. Das beweist, dass unser Entwicklungsprozess der Raketentechnik nun abgeschlossen ist."

Angaben sind vermutlich richtig
Nordkorea ist bekannt für seine Übertreibungen im militärischen Bereich, aber westlichen Experten fürchten, dass die wesentlichen Angaben zur Hwasong-15 stimmen. Sie nehmen an, dass es sich nicht um eine komplette Neuentwicklung handle, sondern dass die bekannte Hwasong-14 mit zwei zusätzlichen Triebwerken upgedated wurde. Ähnliche Überlegungen wurden auch schon bei früheren Raketenstarts laut. Damals lautete die Befürchtung, dass Nordkorea nicht fertige Waffen teste, sondern Module der Raketentechnik einzeln starte, die erst später zur angestrebten Interkontinentalwaffe vereint würden. Dieses Vorgehen würde auch die raschen Fortschritte des letzten Jahres erklären.
Die neue Rakete überflog zwar nicht die USA, sondern stürzte vor Japans Küste ins Wasser, aber sie flog höher als je zuvor, nämlich 4500 Kilometer. Das wäre zehn Mal höher als die Umlaufbahn der Internationalen Weltraumstation. Aus Fluglaufbahn und Größe der Rakete lässt sich berechnen, wieviel Energie die ballistische Rakete beim Start freisetzen konnte. Ändert man die Parameter der Flugbahn, lässt sich die maximale Reichweite berechnen, die Nordkorea mit diesem Start hätte erzielen können. Ergebnis: Die Hwasong-15 hätte statt dem Meer vor Japan auch über Washington D.C. niedergehen können. Nur eine geringfügig höhere Energie beim Start wäre nötig, um die Worte der Nachrichtensprecherin zu bestätigen, dass die Hwasong-15 jeden Punkt der USA erreichen könnte.
Meisterklasse der Nuleartechnik
Mit der Kombination von Wasserstoffsprengkopf und Interkontinentalrakete besitzt Kim Jong-Un ein ultimatives Drohpotenzial. Eine normale Atombombe ist bereits eine fürchterliche Waffe, das zeigten die beiden Atombomben, die die USA auf Japan abwarfen. Doch gegenüber dem Potential einer Wasserstoffbombe waren sie nur Zerstörungszwerge. Die Hiroshima-Bombe Little Boy besaß eine Sprengkraft von 13.000 Tonnen TNT, die erste gezündete Wasserstoffbombe Ivy Mike entfesselte die Sprengkraft von 10.400.000 Tonnen TNT – das ist das 800-fache Zerstörungspotential.
Technisch gesehen ist eine Wasserstoffbombe eine zweistufige Waffe. Der größte Teil der Zerstörungsenergie entsteht aus der Fusion von Wasserstoffatomen – hierzu ist kein aufbereitetes Uran oder Plutonium notwendig. Das braucht man allerdings für die erste Stufe: Damit es zur Verschmelzung der Wasserstoffkerne kommt, müssen Bedingungen wie auf der Sonne herrschen. Dieser Schmelzofen von extremen Temperaturen und Druckverhältnissen wird durch eine erste Nuklearexplosion hergestellt. Eine Atombombe ist gewissermaßen der Zünder der Kernfusion.
Der technische Aufwand für den Bau einer Wasserstoffbombe ist jedoch wesentlich höher als bei einer einfachen Atombombe. Es reicht nämlich nicht, einfach eine Atomexplosion in der unmittelbaren Nähe der Wasserstoff-Isotope Deuterium und Tritium stattfinden zu lassen, damit es zur Kernfusion kommt. Ablauf und Entwicklung der primären Explosion müssen exakt beherrscht werden, um die nötigen Bedingungen herzustellen. Sollte es Nordkorea gelungen sein, so eine Bombe zu bauen, hätte das rückständige Land bewiesen, dass es technisch in der absoluten Meisterklasse der Nukleartechnik angekommen ist.
Risiken eines Präventivschlages
Eine Wasserstoffbombe könnte einen Ballungsraum wie Tokio, Washington oder New York mit einem Schlag auslöschen und alle Bewohner töten. Die Raketenabwehr der USA ist den Raketen aus Nordkorea überlegen, aber unter Kriegsbedingungen erprobt wurde sie bisher nicht. Eine hundertprozentige Sicherheit eines erfolgreichen Abschusses gibt es nicht, sobald die Rakete in der Luft ist. Nordkorea soll zwar nur über wenige Dutzend nuklearer Gefechtsköpfe verfügen, die verbergen sich jedoch in einer großen Menge in Raketen. Die nordkoeranischen Raketen sind zudem auf mobilen Rampen stationiert. Auch mit Satellitenüberwachung ist es schwer, in dem abgeschlossenen Land ihre Standorte lückenlos zu erfassen. Selbst angesichts der extremen Überlegenheit des US-Militärs könnte ein Präventivschlag dazu führen, dass einsatzfähige Waffen den ersten Angriff der USA überstehen.