Luxus-Tierheim Zum Adoptieren animieren

Klassische Musik in jedem Zimmer. Ein Kurbereich mit professionellem Pflegepersonal. In Richmond, im US-Bundesstaat Virginia gibt es ein Tierheim der Extraklasse.

Geräumige Unterkünfte mit moderner Einrichtung nach europäischem Stil. Klassische Musik in jedem Zimmer. Ein Kurbereich mit professionellem Pflegepersonal. Die Einrichtung in Richmond im US-Staat Virginia wäre ein traumhaftes Reiseziel für sämtliche gestressten Büroangestellten. Aber die Einrichtung ist nicht für Menschen, sondern deren vierbeinigen Freunden. Die Kosten: sieben Millionen US-Dollar.

Das Tierheim der Gesellschaft zur Verhütung von Tierquälerei (SPCA) lässt keine Tierwünsche offen: So bietet es elektrische Felltrockner und Musik, bei der digital die hohen und tiefen Töne herausgefiltert wurden, weil sie empfindlichen Hunde- und Katzenohren unangenehm sind. "Früher sind die Leute aus bestimmten Gründen nicht gern hergekommen: Tierunterkünfte stinken, sie sind traurig und laut", sagt Robin Robertson Starr, leitender Direktor der SPCA. "Mit dem neuen Heim wollten wir einen Ort schaffen, den die Menschen angenehm empfinden und wo sie gerne Zeit mit den Tieren verbringen wollen."

Und wo sie Tiere adoptieren wollen. Vor einigen Jahren wies die Gegend um Richmond mit rund 18.000 heimatlosen Hunden und Katzen eine der landesweit höchsten Raten auf. Etwa die Hälfte wurden eingeschläfert. Die Stadt San Francisco, vier Mal so groß wie Richmond, hat nur etwa 6.000 Tiere in ihren Asylen. "Jahrelang hat man nichts getan", klagt Denise Deisler, Geschäftsführerin des SPCA in Richmond. Das Luxus-Tierheim kann bis zu 150 Hunde und 150 Katzen gleichzeitig beherbergen. Zwischen 6.000 und 8.000 Tiere könnten jedes Jahr adoptiert werden - doppelt so viele wie früher. Ziel der Tierheim-Verantwortlichen ist es, die Zahl der heimatlosen Tiere innerhalb der kommenden Jahre ganz auf Null zu bringen.

Laut Robin Robertson Starr steckt eine zweifache Idee hinter dem Heim. Zum einen dient die luxuriöse Umgebung als "Geschenkpapier" - sie soll den Besuchern die Tiere attraktiver erscheinen lassen und sie zum adoptieren animieren. Zum anderen sollen sich die Tiere darin schon einmal an das Leben in einem Zuhause gewöhnen. Auch wird streng auf die Gesundheit der Tiere geachtet: Ein komplexes Belüftungssystem reinigt die Räume alle sechs Minuten von Gerüchen und Bakterien in der Luft. Die möblierten Besucherzimmer sind schallgedämpft, und durch Oberlichter strömt Tageslicht herein. Das Operationszimmer zur Sterilisation und Kastration ist mit modernen Gräten ausgestattet. Im ersten Stock des rund 6.000 Quadratmeter großen ehemaligen Tabakspeichers gibt es einen riesigen Hallen-Spazierweg, wo man mit den Hunden Gassi gehen kann, und einen Bereich mit privaten "Köter-Töpfchen".

"Adoptionspalast" in San Francisco war Vorbild

Als Modell für Richmond diente der SPCA-Adoptionspalast in San Francisco, der erste dieser Art. Als das dortige Heim vor sechs Jahren eröffnete, hatte bis dahin wohl kaum jemand Tiere in ihren eigenen "Wohnungen" leben gesehen, mit Kunst an den Wänden und Fernsehern, auf denen Videos mit futtersuchenden Vögeln und "101 Dalmatiner" liefen. Es war auch eine der ersten "No-kill"-Einrichtungen, wo keine ungewollten Tiere mehr getötet wurden. Seitdem haben Heime im ganzen Land Möglichkeiten gefunden, die Lebensbedingungen ihrer Tiere zu verbessern, erzählt Karen Pullen, Leiterin des Wohltätigkeitsvereins Amerikas - von Aromatherapie für Katzen bis hin zu Musiktherapie für Hunde. Die SPCA-Einrichtung in Richmond ließ sich von nahezu einem Dutzend verschiedener Tierheime inspirieren: Von anderen stammt etwa das Reinigungssystem nach Muster einer Autowaschanlage in den Hundehütten.

Außerdem bieten viele Heime Verhaltensberatung für Leute an, die ihre Haustiere zur Adoption freigeben wollen. Laut Karen Pullen haben einige Tiervereine sogar Telefon-Hotlines eingerichtet, was die Zahl der in Asylen abgeladenen Ziere massiv reduziert hat. Die SPCA in Richmond bietet nun ebenfalls Beratung an und hat im Januar die Tötung von Tieren gestoppt.

Zur Finanzierung der beiden Heime verwendete die SPCA ausschließlich eigene Mittel - rund 14 Millionen US-Dollar insgesamt. Während Karen Pullen meint, das Richmond-Zentrum könne als extravagant angesehen werden, gab es bislang keinerlei Proteste gegen eine solche Verwendung des Geldes. "Wir müssen uns ins Gedächtnis rufen, dass ein Heim vorübergehend sein soll und kein Zuhause ist", sagte sie.

Justin Bergman, AP

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