Ein internationales Forscherteam hat Klima- und Knochenanalysen analysiert, um Gründe für das Verschwinden der Neandertaler zu finden. Im Zeitraum von vor etwa 32.000 Jahren bis 24.000 Jahren, in dem der nahe Verwandte des modernen Menschen von der Bildfläche verschwand, gab es durchaus Klimaschwankungen - das große Klimaereignis, das dem Neandertaler den Tod brachte, kann es jedoch nicht gegeben haben. Das berichten die Forscher um Chronis Tzedakis von der Universität in Leeds im Fachmagazin "Nature" (Bd. 449, S. 206).
Radiokarbonmethode ist ungenau
Wie genau die letzten Jahrtausende im Leben des Neandertalers aussahen, darüber zerbrechen sich Wissenschaftler schon lange den Kopf. Problematisch bei der Rekonstruktion der Ereignisse ist vor allem die Ungenauigkeit der Radiokarbonmethode, auf der die Datierung von Funden meist beruht. Da sich der Anteil des Kohlenstoffisotops 14 im Verlauf der Jahrtausende immer wieder verändert hat, ist der Schluss auf das exakte Alter eines Fundes aus dem Anteil dieses Isotops sehr schwierig. Nicht zuletzt ist auch die Entwicklung des Klimas im Verlauf der betreffenden Jahrtausende nur ungenau nachzuvollziehen.
Mit einem neuen Ansatz konnten Tzedakis und seine Kollegen diese Hürden nun teilweise umgehen: Die Forscher setzten Ergebnisse der Radiokarbonmessungen direkt mit Klimadaten in Beziehung, die aus Bohrungen im grönländischen Eis und in Sedimentschichten im Meer gewonnen wurden und sich ebenfalls auf Radiokarbonmessungen stützen. Auf diese Weise lässt sich zwar nicht der absolute Zeitpunkt des Aussterbens festlegen, doch können die Forscher sehr viel exakter das relative Alter von Fundstücken im Verhältnis zu bestimmten Klimaereignissen bestimmen.
Das Klima zu Zeiten des Neandertalers war instabil
Den Ergebnissen zufolge herrschte in den letzten Jahrtausenden der Neandertaler-Geschichte ein sehr instabiles Klima. Doch solchen Bedingungen waren die Frühmenschen bereits seit vielen Jahrtausenden ausgesetzt, ohne daran zugrunde zu gehen. Gegen Ende des Beobachtungszeitraums sei es dann zu einer Abkühlung und einem massiven Vorstoß der Gletscher in Europa gekommen, erklären die Forscher. Dennoch müssten die Neandertaler im heutigen Gibraltar, wo auch die jüngsten Knochenfunde herstammen, noch gute Lebensbedingungen vorgefunden haben. Kurz nachdem der moderne Mensch von Afrika aus Europa besiedelte, zogen sich die bis dahin in fast ganz Mittel- und Osteuropa heimischen Neandertaler in einige wenige Gebiete auf der Iberischen Halbinsel zurück, bevor sie schließlich ausstarben.
"Es war kein einzelnes Klimaereignis, das zum Aussterben der Neandertaler geführt hat", fasst Katerina Harvati vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und Mitglied des Forscherteams zusammen. Wahrscheinlich sei ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren verantwortlich, in der auch die Konkurrenz zum modernen Menschen eine Rolle gespielt habe.