Eine dunkle Wolke verdeckt den Himmel über der kleinen Farm direkt am Vulkan Eyjafjallajökull. Die gewaltige Aschesäule, die dort in den Himmel steigt, erinnert an Szenen aus Hollywood-Blockbustern – und nicht nur sie: Vulkanasche bedeckt große Teile der Insel, Straßen sind kaum noch befahrbar, die schwarzen Massen drücken auf die Dächer der Häuser. Die Isländer schützen sich selbst mit Atemmasken und Brillen vor dem giftigen Vulkanstaub, ihre Tiere in versiegelten Ställen.
Der Ausbruch des Vulkans war für isländische Forscher keine Überraschung. Schon im Februar hatten Vulkanologen deutliche Deformationen der Erdkruste über dem Vulkan aufgezeichnet, Anfang März häuften sich schwache Erdstöße. Am 20. März 2010 kam es dann zu einem ersten Ausbruch. Dabei quoll silikatreiche Lava aus Spalten und Schloten empor und brachte Teile der Eisdecke über dem Eyjafjallajöküll zum Schmelzen.
Schmutzige Gewitter
Denn der im Süden Islands liegende Vulkan ist von einer rund 78 Quadratkilometer großen Eiskappe umgeben, deren Gletscherzungen bis in die umliegenden Täler hinab reichen. Die Rauchwolken bilden sich unter anderem durch schmelzendes Gletschereis, das auf der glühend heißen Lava verdampft. Die enormen Temperaturunterschiede und der daraus entstehende Dampf feuern die Eruption zusätzlich an und treiben Asche hoch in die Atmosphäre.
Nach Angaben von isländischen Vulkanologen hat der Eyjafjallajokull in den ersten drei Tagen seit Beginn der Eruption rund 140 Millionen Kubikmeter vulkanisches Material ausgestoßen, ein Großteil davon als Staub und Asche der Eruptionswolke. Der durchschnittliche Magmenausstoß liegt bei 300 Kubikmeter pro Sekunde - 750 Tonnen pro Sekunde.
Der Vulkan speit jedoch nicht nur Asche: Fotos belegen Entladungen, die denen von Gewitterwolken ähneln - keine Seltenheit bei Vulkanausbrüchen. Ähnlich wie in Wolkentürmen, in denen sich Regentropfen elektrifizierend aneinander reiben, interagieren hier Aschepartikel, winzige Steinpartikel und Eiskörner miteinander. Die Reibung erzeugt Spannung, die sich in Form von Blitzen entlädt. Experten sprechen dann von einem "schmutzigen Gewitter".
Existenzängste und Flugverbote
Dieses Naturschauspiel belegt, dass beim Ausbruch eines Vulkans elektromagnetische Effekte auftreten. Bei den Eruptionen wird die ausströmende Magma unter hohem Druck zerteilt und in eine große Menge kleiner Teilchen zerfetzt. Durch die Zerteilung der Magma bilden sich neue Oberflächen. Das führt, je nach Material, zu unterschiedlich starken Störungen des elektrostatischen Gleichgewichtes. Diese Störung wird durch elektrische Entladungen in Form von Blitzen wieder ausgeglichen, die durch die Aschewolke rasen.
Seit der Besiedelung Islands um 870 ist der Eyjafjallajökull nur vier Mal ausgebrochen, das letzte Mal im Jahr 1822. Aufgrund der jetzigen Eruption fürchten viele Farmer um ihre Existenz. Das Vieh frisst auf den Weiden vergiftetes Gras und die feinen Aschepartikel legen sich auf die Schleimhäute.
In Verbindung mit Regen reagiert die Asche aus dem Eyjafjallajökull nämlich zu Schwefelsäure. Die weiteren Inhaltsstoffe der Asche: 66 Prozent Silizium, 18 Prozent Aluminium, sechs Prozent Eisen und je fünf Prozent Kalzium und Natrium. Die ausgestoßenen Aschepartikel bleiben jedoch nicht nur in Island. Vom starken Wind werden sie in Richtung Europa getrieben, wo sie in den letzten Tagen den Flugverkehr in Europa komplett lahmgelegt haben.