Ausgrabungen Das Verlies einer Bäckerei zeigt die Schattenseite des Luxuslebens in Pompeji

Tief unter dem Bodenniveau fristeten die Sklaven ihr Leben.
Tief unter dem Bodenniveau fristeten die Sklaven ihr Leben.
© Archälogischer Park Pompeji
In Pompeji ließ es sich die römische Oberschicht gutgehen. Eine Ausstellung zeigt den Preis dafür. In einem engen, lichtlosen Verlies mussten Sklaven und Esel Getreide mahlen. Vermutlich durften sie den Ort nie verlassen.

Lange Zeit standen die prächtigen Bauten von Pompeji im Zentrum der Aufmerksamkeit. In den vergangenen Jahren richtete sich der Fokus aber auf die "kleinen Leute" der Stadt. Etwa durch die Präsentation eines Straßenimbiss. Nun wurde das "Bäckereigefängnis" präsentiert. In diesem unterirdischen Verließ befand sich eine Art Kornmühle. In dem engen Raum lebten, schliefen, arbeiten und starben wohl auch eine Reihe von Sklaven und zwei Esel. Der Raum selbst hatte kein Tageslicht, nur durch einen weiteren Raum fiel etwas Licht in das vergitterte Verlies.

Eng und düster

Die Eisengitter am Fenster der Bäckerei sollten die versklavten Arbeiter an der Flucht hindern, sagte Gabriel Zuchtriegel, der Direktor des Archäologischen Parks von Pompeji, der "New York Times". In dem engen Raum fanden sich vier Mühlsteine und ein Pfad von Vertiefungen für die Tiere. Diese mussten in "einer Art Choreografie" bewegt werden, so Zuchtriegel. "Dieser Raum war so klein, dass zwei Esel nicht gleichzeitig passieren konnten, also mussten sie immer darauf achten, in irgendeiner Weise synchron mit den anderen zu bleiben, das hat ihnen geholfen." Das Sklavengefängnis markiert das unterste Unten des Lebens in der Stadt.  Die Bäckerei in Pompeji zeichne "ein sehr hartes und düsteres Bild" des Lebens dort, sagte Zuchtriegel.

Die Bäckerei und die Mühle gehörten zu einem größeren Wohnhaus, dort wurden politische Wandinschriften gefunden, die dazu aufriefen, bei der Wahl zum Ädilen für Aulus Rustius Verus zu stimmen. Man nimmt an, dass das Haus einem seiner Freigelassenen gehörte. Auch das würde ins Bild passen. In der Antike waren Freigelassene, ehemalige Sklaven, dafür bekannt, ihre eigenen Sklaven besonders schlecht zu behandeln. Zur Zeit des Vulkanausbruchs wurde am Haus gearbeitet, die Mühle war deshalb nicht in Betrieb. Daher sind dort auch keine Toten gefunden worden. Typisch wäre es, wenn die Sklaven ihr gesamtes Leben unter unmenschlichen Bedingungen dort verbracht hätten.

Menschen als Verbrauchsmaterial

Im Imperium bildeten auch die Sklaven eine Mehr-Klassen-Gesellschaft. An der Spitze standen gebildete Sekretäre und Verwalter, die ihren Herren häufig nahestanden und regelmäßig befreit wurden. Als Freigelassene stärkten sie als treue Klientel die Familie ihrer ehemaligen Herren. Manche wurden unermesslich wohlhabend, das Gastmahl des Trimalchio schildert die Feier eines vulgären Neureichen. Julia Acne war eine Freigelassene des Kaisers Nero. Sie war so reich und mächtig, dass sie es wagte, der Verdammnis zu trotzen, der Nero durch die Strafe der damnatio memoriae, der Ächtung der Erinnerung, anheimgefallen war und richtete ein prächtiges Begräbnis für den toten Kaiser aus.

Die reinen Arbeitssklaven hingegen wurden als billiges Verbrauchsgut angesehen und buchstäblich zu Tode geschunden. Bei Großbaustellen wurden sie zu Hunderten verscharrt. Der Dichter Apuleius aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. schrieb über sie. Die Arbeiter seien häufig von "bläulichen Striemen" übersät, ihre Stirn gebrandmarkt und die Füße aneinandergekettet. "Auch sie waren erbärmlich blass, ihre Augen waren von der sengenden Hitze dieser von Rauch erfüllten Dunkelheit so trübe, dass sie kaum etwas sehen konnten. Wie Ringer, die vor einem Kampf mit Staub bestreut wurden, wurden sie mit mehliger Asche grob weiß." Die Esel wurden nicht besser behandelt. "Ihre Flanken waren durch das unerbittliche Auspeitschen bis auf die Knochen zerschnitten. Ihre Hufe waren durch das wiederholte Kreisen seltsam verformt, und ihre ganze Haut war von Räude befleckt und durch den Hunger ausgehöhlt."

Hinter dem Glanz der Stadt

Die brutalen Arbeitsbedingungen sind ein erschreckender Kontrast zu einem der bekanntesten Porträts der Stadt. Es zeigt Terentius Neo mit seiner Frau. Er war ebenfalls Bäcker, das Fresko unterstreicht mit zahlreichen Einzelheiten den gleichberechtigten Stand seiner Frau. Würde man die Kleidung austauschen, sähen die beiden wie ein schönes italienisches Paar von heute aus. Und auch wenn sie nicht die Besitzer des Mühlenverlieses sind, basierte ihr Wohlstand auf genau dieser unmenschlichen Behandlung von Sklavenarbeitern.

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