Vulkanausbruch Verbotene Liebe in Pompeji – Schmuck "von einem Herren für sein Sklavenmädchen"

Ein Paar beim Liebesspiel
Ein Paar beim Liebesspiel, gemalt an die Wand eines Privatgemachs. Solche Bilder zieren auch eine Thermenanlage in Pompej. Die Stadt war nicht nur ein Erholungsort, sondern auch ein Zentrum kultureller Freizügigkeit
© Krause / Imago Images
In Pompeji floh ein Paar vor dem Ausbruch des Vesuvs. Die Frau hatte wertvollen Schmuck bei sich. Ihr Armreif erzählt die Geschichte einer unmöglichen Liebe zu einer Sklavin.

Die Toten von Pompeji gehen uns nahe, weil sie so plötzlich aus dem Leben gerissen wurden und über die Jahrtausende hinweg ihre Geschichten erzählen. Im Jahr 79 n. Chr. begrub der Ausbruch des Vesuvs Pompeji unter Asche und Bimsstein und konservierte die Bewohner für die Nachwelt. Wie den hinkenden Mann, der von Trümmern erschlagen wurde. Die Liebenden, die sich im Tod noch umarmten. Oder den Bäcker Terentius Neo und seine kluge, selbstbewusste Frau, die an ein modernes, gleichberechtigtes Paar von heute erinnern.

Ein Fund erzählt die Geschichte einer verbotenen Liebe. Ein Mann und eine Frau versuchten, vor dem Ausbruch aus einem Hotel für Reisende zu fliehen. Gemeinsam starben sie auf der Straße als das Paar, das sie im Leben nicht sein konnten. Bei ihnen fand man einen Beutel mit dem wertvollsten Besitz der Frau.

Sie hatte Goldschmuck bei sich, darunter einen kostbaren Armreif in Form einer Schlange. Der Reif wiegt fast ein Pfund, und die Schlange hat Augen aus Diamanten. Dieser Schmuck, durch die Asche des Vesuvs konserviert, wurde bei Ausgrabungen im 19. Jahrhundert entdeckt und gibt Einblicke in die sozialen Verhältnisse der Zeit. Insgesamt hatte die Frau fast ein Kilogramm Gold bei sich; sie muss sehr reich gewesen sein. Das wirklich Besondere ist jedoch die Inschrift im Inneren des Reifs. Dort steht: "Dominus suae ancillae" – etwa: von einem Herren für sein Sklavenmädchen. Solche Beziehungen zwischen einem Herrn und einer Sklavin waren in der römischen Gesellschaft stark stigmatisiert, doch die Inschrift deutet auf eine tiefe persönliche Bindung hin, die gesellschaftliche Normen überschritt. Eine verbotene Liebe.

Pompeji war freier als Rom

Das war für Pompeji nicht untypisch. Der Ort und die Nachbarstädte waren eine Sommerfrische der römischen Oberschicht. Pompeji war nicht nur ein Erholungsort, sondern auch ein Zentrum kultureller Freizügigkeit, wo die römische Elite ihre Villen besaß und gesellschaftliche Konventionen oft gelockert wurden. In Rom selbst wurden rigide Sittengesetze propagiert und durchgesetzt. Augustus verbannte seine eigene Tochter Julia auch wegen ihres unsittlichen Lebenswandels auf eine karge Insel. Ihre Liebhaber wurden hingerichtet. Es nützte Julia nichts, dass ihr Gatte Tiberius sich für sie einsetzte und ihr verzieh.

Eine Ehe oder auch nur ein offenes Konkubinat mit einer Sklavin wäre in Rom undenkbar gewesen. Auch als Freigelassene hätte der Herr sie nicht heiraten können.

Welchen Status die Frau mit dem Reif im Moment ihres Todes tatsächlich hatte, lässt sich nicht sagen. Sie könnte freigelassen und freiwillig bei ihrem Herren geblieben sein. Es ist auch möglich, dass sie im Sklavenstatus war. Typisch waren auch Regelungen, bei denen im Testament festgelegt wurde, besonders verdienten Sklaven die Freiheit zu schenken. In jedem Fall war sie eine vermögende Frau. Der Wert ihres Schmucks überstieg den Besitz vieler Römer.

Vereint im Tod

In Pompeji wurde eine weitere unmögliche Liebe entdeckt. Dieses Paar starb jedoch lange vor dem Vulkanausbruch und wurde in der Nekropole Porta Nocera vor der Stadt beigesetzt. Die Anlage besteht aus dem Grab des Familienoberhaupts, des Patriziers Quintus Veranius. Daneben ist sein Sohn Gaius begraben, und es findet sich das Grab von Verania Clara. Sie war eine Sklavin, die Gaius freigelassen hatte.

Die Freilassung einer Sklavin war ein bedeutender Akt, der oft mit einer besonderen emotionalen oder rechtlichen Bindung verbunden war, da sie die Frau in einen neuen sozialen Status erhob. Schon die Nähe ihrer Ruhestätte neben der ihres ehemaligen Herren deutet auf eine ungewöhnlich enge Beziehung hin. Doch Claras Grab ist leer. Ihre Asche wurde mit der von Gaius beigesetzt – ein untrügliches Zeichen, dass sie ein Liebespaar waren, das im Tod vereint sein wollte. Hinter ihnen fanden sich die Überreste eines Teenagers. Es ist anzunehmen, dass es sich um ihren Sohn handelt.

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