Die Zeitung "Gulf News" aus Dubai verkündete dieser Tage optimistisch: "Saddams Armee wird nicht kämpfen", hieß es da in großen Lettern. Viel zu ausgelaugt seien die irakischen Truppen, ungleich schwächer als noch beim Golfkrieg 1991 - und die wenigsten Soldaten seien bereit, für den Diktator aus Bagdad tatsächlich ihr Leben aufs Spiel zu setzen. "In Wirklichkeit existiert die irakische Armee nur auf dem Papier".
Das amerikanische Militär ist siegesgewiss
Solche Meinungen korrespondieren mit der Siegesgewissheit, die amerikanische Militärs derzeit in Umlauf setzen. Sie streuen Strategiepläne, wonach US-Panzer bereits innerhalb von 72 Stunden nach Kriegsausbruch bis nach Bagdad rollen - am besten unter dem Jubel der "befreiten" irakischen Bevölkerung. Dass es auch ganz anders kommen könnte, davon spricht niemand, zumindest nicht öffentlich.
Fest steht bislang nur eins: Diesmal soll der Waffengang ganz anders werden als die "Operation Wüstensturm" 1991: "Viel schneller, viel härter und viel präziser", wie ein Soldat in der "vorgeschobenen Kommandozentrale" im Golfstaat Katar andeutet. 39 Tage Luftangriffe plus 100 Stunden Bodenoffensive waren damals notwendig, um Saddam in die Knie zu zwingen. Diesmal wollen die US-Militärs, wenn alles gut geht, schon in der ersten Woche drei Viertel des Iraks einnehmen, allein in den ersten 48 Stunden sollen 3000 "Präzisionsbomben" im Irak einschlagen. "Wie ein Schock" soll das Unheil über Saddam kommen, drückt es ein US-General martialisch aus.
Allemal gilt: Tarnen und Täuschen gehört zum Kriegshandwerk. 1991 gingen Fernsehbilder vermeintlicher amerikanischer "chirurgischer Eingriffe" um die Welt. Wie ein Videospiel mutete es an, wenn die Fadenkreuze der Kampfjets das Ziel ins Visier nahmen und sich Sekunden später die "feindlichen Objekte" in Rauch auflösten. Doch in Wahrheit waren damals gerade mal ein Zehntel der US-Waffen so genannte intelligente Bomben.
Unvorhersehbare Wendungen und Tricks
Der Rest war "Schmutzarbeit", Bombenteppiche, die die Iraker demoralisieren sollten. Wie viele Iraker starben, wurde nie bekannt. "Nebel des Krieges", nannte das damals General Norman Schwarzkopf. Diesmal lassen die US-Militärs verlauten, 80 Prozent aller Bomben würden "punktgenau" per Laser ins Ziel geführt. Die Bilder der Bombenabwürfe werden erneut die US-Militärs liefern - wie schon vor 12 Jahren.
"Nebel des Krieges", das heißt aber auch: Unvorhersehbare Wendungen und Tricks des Gegners müssen stets einkalkuliert werden. Damals gab es reihenweise Überraschungen: Den US-Kampfpiloten gelang es trotz intensiver Suche nicht, die Abschussrampen für die Scud-Raketen auszuschalten. Auch die US-Patriot-Raketen versagten häufig dabei, die Scuds wie versprochen vom Himmel zu holen. Und dann schafften die Iraker gar einen kurzen Panzereinbruch über die saudische Grenze - zur Täuschung hatten die Iraker ihre Panzerrohre nach hinten gerichtet, als wollten sie sich ergeben.
Üble Überraschungen auch diesmal? Amerikanische Militärs streuen, Bagdad habe angeordnet, tausende Uniformen anzufertigen, die bis aufs Haar den US-Uniformen gleichen. Verkleidet könnten Saddams treueste Kämpfer versuchen, vor laufenden Kameras irakische Zivilisten zu ermorden. Die Öffentlichkeit in den USA und in der Welt könnte den wahren Sachverhalt nicht merken und wäre empört. Weitere Unwägbarkeit: Die Iraker könnten wie 1991 in Kuwait Ölquellen im eigenen Land in Brand setzen. Hinzu kommt, ganz anders als 1991, der Unsicherheitsfaktor an der "Heimatfront": Damals standen die allermeisten Regierungen der Welt hinter den USA - diesmal ist der große Teil der Weltmeinung gegen einen Krieg.