Ariel Scharon Er kam, ging und siegt vielleicht

Seine ehemaligen Parteigenossen werfen ihm viel Dreck hinterher. "Scharon ist ein Diktator", sagt etwa Benjamin Netanjahu. Aber den Israelis scheint Scharons Abschied gut zu gefallen - seine Umfragewerte sind erstaunlich.

Israels Ministerpräsident Ariel Scharon und seine neue Partei könnten Umfragen zufolge die anstehenden Parlamentswahlen gewinnen. Demnach käme die Partei auf 30 bis 33 Sitze in der 120 Abgeordnete zählenden Knesset. Die sozialdemokratische Arbeitspartei kann mit 25 oder 26, die bisherige Partei des Ministerpräsidenten, Likud, mit zwölf bis 15 Mandaten rechnen. Bei einem solchen Ergebnis dürfte Scharon eine dritte Amtszeit kaum zu nehmen sein. Die Zeitung "Haaretz" schrieb, allerdings könnte sich die Anfangseuphorie für Scharon auch wieder legen. Parteineugründungen waren bisher in der jüngeren israelischen Geschichte nur wenig erfolgreich.

Der ehemalige israelische Finanzminister Benjamin Netanjahu sagte am Dienstag, der Likud-Block wolle nun zu seinen national-konservativen ideologischen Wurzeln zurückkehren. Sieben Kandidaten für die Nachfolge Scharons als Parteivorsitzender wollten sich am Dienstag treffen, um ein Datum für partei-interne Vorwahlen zu vereinbaren. Am Donnerstag wollte sich das Likud-Zentralkomitee endgültig auf einen Termin einigen.

"Scharon ist ein Diktator"

Netanjahu bezeichnete die neue Bewegung seines Erzrivalen im israelischen Armeesender als "Partei der Marionetten". "Scharon ist ein Diktator", sagte Netanjahu. "Es macht keinen Unterschied, ob der Diktator lächelt und einen Sinn für Humor hat - wenn er zur Diktatur und Korruption führt und die Staatssicherheit gefährdet." Netanjahu war im August als Protest gegen den israelischen Abzug aus dem Gazastreifen zurückgetreten und galt als Anführer der "Rebellen" gegen Scharon im Likud.

Israels Ministerpräsident Ariel Scharon trat am Montag aus seiner Likud-Partei aus, bat den Präsidenten um die Auflösung des Parlaments und gab die Gründung einer neuen Partei bekannt. Mit Neuwahlen will er seine Politik gegen den Widerstand auf beiden Seiten des politischen Spektrums durchsetzen. Das Parlament stimmte seinerseits in einer ersten Abstimmung für die Selbstauflösung. Die Arbeitspartei, die am Sonntag aus der Regierungskoalition ausgetreten war, sprach sich für Wahlen Ende März aus.

Hoffnung auf Stabilität, Wohlstand und Ruhe

Seine neue Partei werde den Israelis die Hoffnung auf eine stabile Regierung, Wohlstand, Ruhe und Frieden geben, sagte Scharon in einer ersten Stellungnahme. Rund ein Dutzend Likud-Politiker gab den Wechsel zu der neuen Partei Scharons bekannt, darunter der stellvertretende Ministerpräsident Ehud Olmert und Justizminister Zipi Liwni. Vertraute Scharons sagten, er werde zudem ehemalige Sicherheitschefs, moderate Zionisten und Akademiker für seine Partei rekrutieren. "Wir werden daran arbeiten, die endgültigen Grenzen der Nation festzulegen und dabei auf eine Zerschlagung von Terror-Gruppen bestehen", hieß es in der Erklärung Scharons. Es werde keine einseitigen Gebietsaufgaben mehr geben, wie es bei dem Gaza-Streifen geschehen sei. Jedoch würden einige Siedlungen im Westjordanland aufgegeben werden müssen. Die Palästinenser-Regierung erklärte, sie verfolge die Vorgänge aufmerksam. Sie befürchtet, dass Scharon einseitig festlegen will, welches Land die Palästinenser für ihren Staat erhalten.

Neuwahlen in Israel könnten UN-Generalsekretär Kofi Annan zufolge den Friedensprozess im Nahen Osten lahm legen. "Während der Zeit der Wahlen werden vielleicht einige Vorschläge und Themen nicht vorangebracht und die Dinge kommen für eine Weile zum Stillstand", sagte Annan am Montag. Er hoffe auf einen reibungslosen Ablauf der Wahlen, damit die Parteien bald wieder zum Friedensprozess zurückkehren könnten.

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Reuters/DPA