Der britische Premier Tony Blair will seinen Besuch im Irak offenbar dazu nutzen, sich Luft gegenüber seinen Kritikern in der Heimat zu verschaffen. Aus britischen Regierungskreisen hieß es am Montag, alle ausländischen Kampftruppen dürften innerhalb von vier Jahren aus dem Irak abgezogen sein. Das Ziel müsse darin bestehen, einen Abzug der US-geführten Truppen während der Amtszeit der neuen irakischen Regierung zu ermöglichen, hieß es im Umfeld von Blairs Ankunft in Bagdad. "Während dieser vier Jahre wird sich die gegenwärtige Rolle und Struktur der multinationalen Truppen ändern und zum Ende kommen", sagte der Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte.
Auf einen genauen Zeitplan für den Abzug wolle man sich hingegen nicht festlegen, hieß es. Zudem könnten einige der derzeit rund 7200 britischen Soldaten länger bleiben, um irakische Soldaten auszubilden. Die ersten britischen Soldaten sollen den Angaben zufolge jedoch bereits in den kommenden Monaten zurückkehren.
Blair und Bush stehen in der Kritik
Blair ist der erste Regierungschef, der mit der am Samstag vereidigten neuen irakischen Regierung unter Ministerpräsident Nuri al-Maliki zusammentrifft. Mit seinem Besuch wolle Blair seine Unterstützung für al-Maliki verdeutlichen, sagte ein britischer Regierungssprecher. Al-Maliki hat die Wiederherstellung der Sicherheit im Land zu einem Hauptanliegen seiner Regierungsarbeit erklärt. Das Thema dürfte auch beim Treffen mit Blair zur Sprache kommen. Der britische Premier landete am Morgen mit einem Hubschrauber in der so genannten Grünen Zone von Bagdad und traf anschließend mit Al-Maliki zusammen.
Eine Frage des politischen Überlebens für Blair und Bush
Für Blair sind rasche Erfolge bei der Demokratisierung des Irak eine Frage des eigenen politischen Überlebens. Für den Irak-Krieg und die Strategie bei dem nachfolgenden Befriedungsversuch des Landes hat der Premier herbe Kritik der britischen Öffentlichkeit einstecken müssen. Im Irak kamen bislang mehr als 110 britische Soldaten ums Leben. Selbst Parteifreunde setzen Labour-Chef Blair deshalb mittlerweile unter Druck, sein Amt möglichst schnell an Finanzminister Gordon Brown abzugeben.
Noch im Laufe dieser Woche soll Blair auch zu einem Besuch bei US-Präsident George W. Bush nach Washington fliegen. Auch dieser steht mit dem Rücken zur Wand. Bushs Umfragewerte befinden sich in Rekordtiefen, und seine Republikaner müssen im November Kongresswahlen bestehen. Die USA haben 130.000 Soldaten im Irak stationiert, seit Beginn des Krieges sind über 2400 US-Soldaten ums Leben gekommen.
Drei Menschen sterben bei Anschlag
Ungeachtet des Blair-Besuchs kam es am Montag in Bagdad zu einem erneuten Bombenanschlag. Bei einer Explosion vor einer Klinik starben drei Menschen, neun weitere wurden verletzt. Der Sprengsatz explodierte im Südwesten der irakischen Hauptstadt. Eine weitere Bombe im Osten von Bagdad verfehlte eine Polizeistreife. Zwei Menschen wurden verletzt.