Bradley Manning-Prozess Urteil fällt frühestens am Mittwoch

Für die einen ist er ein Verräter, der hart bestraft werden muss. Für die anderen ist er ein idealistischer junger Mann, der Milde verdient. Die Staatsanwaltschaft fordert mindestens 60 Jahre Haft.

Im Prozess gegen den Wikileaks-Informanten Bradley Manning hat das Warten auf das Strafmaß begonnen: Richterin Denise Lind zog sich am Dienstag in Fort Meade nach einer kurzen Sitzung zu Beratungen zurück. Lind erklärte, die Strafe für den 25-jährigen Soldaten frühestens am Mittwochmorgen bekannt zu geben. Die Staatsanwaltschaft hatte mindestens 60 Jahren Haft gefordert.

Manning hatte eingeräumt, während seiner Stationierung im Irak zwischen November 2009 und Mai 2010 rund 700.000 Geheimdokumente von Militärrechnern heruntergeladen und der Enthüllungsplattform Wikileaks zugespielt zu haben. Die Veröffentlichung der Dokumente sorgte weltweit für Wirbel. Der Militärprozess gegen Manning läuft bereits seit dem 3. Juni. Ende Juli erklärte ihn Lind in 20 von 22 Anklagepunkten für schuldig, darunter Spionage sowie Diebstahl von Militärdokumenten und Depeschen der US-Diplomatie. Vom besonders schwerwiegenden Vorwurf der Feindesunterstützung wurde der Obergefreite aber freigesprochen.

Staatsanwalt Joe Morrow hatte das Gericht am Montag aufgefordert, mit einem harten Strafmaß eine "Botschaft" an mögliche Nachahmer zu schicken. Neben mindestens 60 Jahren Haft verlangte Morrow für Manning außerdem eine Geldstrafe von 100.000 Dollar (etwa 75.000 Euro).

Maximal 90 Jahre Haft

Verteidiger David Coombs bat Lind dagegen um eine milde Strafe, die Manning ein Leben nach der Haft ermöglichen würde. "Er ist ein junger Mann, er ist ein sehr intelligenter Mann", sagte Coombs. Der Obergefreite habe bei seinem Handeln "gute Absichten" gehabt. Die Staatsanwaltschaft wies dagegen erneut die Darstellung zurück, dass der Soldat ein naiver junger Mann gewesen sei, der lediglich eine Debatte über die Kriege in Afghanistan und im Irak habe anstoßen wollen. Der Geheimnisverrat durch Manning sei "zerstörerisch" gewesen, sagte Morrow. In der vergangenen Woche hatte sich Manning vor Gericht erstmals für sein Handeln entschuldigt. Er bedauere, dass seine Taten Menschen verletzt und den USA geschadet hätten, sagte der Soldat. Der 25-Jährige zeigte sich auch bereit, seine Strafe zu akzeptieren. "Ich weiß, dass ich den Preis zahlen muss", sagte er.

Richterin Lind hatte das maximale Strafmaß durch das Zusammenfassen mehrerer Anklagepunkte von 136 auf 90 Jahre gesenkt. Lind legte außerdem fest, dass von der verhängten Strafe am Ende knapp dreieinhalb Jahre abgezogen werden. Sie begründete dies damit, dass Manning bereits seit Mai 2010 hinter Gittern sitze und dabei neun Monate in Einzelhaft verbringen musste.

AFP
ivi/AFP